Pflanzenoeltaugliche Motoren/Umrüstung
Praktischer Einsatz von Rapsöl-Kerosin-Gemisch als Dieseltreibstoff.
"Praktischer Einsatz von Rapsöl-Kerosin-Gemisch als Dieseltreibstoff
Positive Erfahrungen im Langzeiteinsatz, jedoch mit einigen ungeloesten Problemen Manfred Rinaldi, Eidgenoessische Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik (FAT) Taenikon 8356 Ettenhausen
Die Verwendung eines Rapsöl-Kerosin-Gemisches als Dieseltreibstoff ist technisch möglich und praktisch einsetzbar. Dies belegen Langzeiterfahrungen mit einem Traktor auf dem Versuchsbetrieb der FAT. Dieser Dieseltreibstoffersatz stellt damit eine ernsthafte Alternative zum Rapsmethylester (RME) dar, der nur mit relativ grossem technischen Aufwand und erheblichen Kosten hergestellt werden kann.
Info Box: Kerosin
UN-Nummer 1223
Benennung nach ADR KEROSIN
Verpackungsgruppe III
Siedebereich 175°..288° C
|
Flammpunkt > 38° C
Dichte ρ = 0,747 .. 0,84 g/cm3
C10H22 .. C16H34
Energiedichte Masse : 11,9 kWh/kg; 43,1 MJ/kg (Jet-A1)
Energiedichte Volumen : 9,5 kWh/l; 34.2 MJ/l |
Der Praxiseinsatz mit einem Traktor der Marke Lindner 1600 A begann am 24. Oktober 1995 bei einem Stand von 1037 Betriebsstunden. Eingesetzt wurde ein Rapsöl-Kerosin-Gemisch im Verhältnis 50 % zu 50 %. Zur Zeit der Drucklegung eines ersten Zwischenberichtes (FAT-Bericht 502/1997, siehe Kasten) hatte der Traktor bereits 406 Betriebsstunden mit Rapsoelgemisch absolviert. Der Traktor kam weiterhin auf dem Versuchsbetrieb ausschliesslich mit dem Gemisch zum Einsatz, und zwar bis zum 29. Juni 2001. Mit 2417 Betriebsstunden, davon die letzten 1380 Stunden ausschliesslich mit Rapsöl-Kerosin-Gemisch, wurde der Einsatzversuch abgebrochen. Insgesamt kamen wärend der ganzen Versuchsdauer 6467 Liter Gemisch zum Einsatz, was einem durchschnittlichen Verbrauch von 4,7 Liter pro Stunde entspricht.
Motorschaeden gab es wärend der ganzen Zeit keine, jedoch hat sich eine kontinuierliche Verschlechterung der Leistungsdaten und Abgaswerte gezeigt, was wohl auf zunehmende Verschmutzung und Verkokung zurueckzufuehren ist.
Während der Versuchsdauer stand der Traktor – auch im Winter – meistens im Freien. Er wurde für alle anfallenden Arbeiten verwendet. Startschwierigkeiten bei tiefen Temperaturen traten nie auf.
Problemstellung
Rudolf Diesel, der Erfinder des nach ihm benannten Verbrennungsmotors, hat bereits mit Pflanzenölen als Energiequelle gearbeitet. Bald jedoch wurden diese durch ein viel billigeres und in der Qualität gleichmaessigeres Erdoelderivat namens Gas- oder eben Dieseloel verdraengt. Durch eine gesteuerte, fraktionierte Destillation kann dieses Erdoelderivat genau den optimalen Anforderungen der Motorenbauer angepasst werden. Bestrebungen, die Motorenkonstruktion einem bestimmten Treibstoff anzupassen, sind immer wieder unternommen worden, der grosse Erfolg ist bisher ausgeblieben. Die Motivation zur Herstellung und Verwendung von Treibstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist vielfaeltig und verschiedenartig:
- Endlichkeit des Erdoels
- Unabhaengigkeit von den erdoelexportiernden Staaten
- Umweltschutz (CO2)-Reduktion) · Minderung der landwirtschaftlichen ueberproduktion
In den 1990er Jahren wurde intensiv an der Angleichung besonders der Rapsoelspezifikationen an jene des Dieseloels gearbeitet. Ein gangbarer Weg ist die Umrüstung des für heutige Motoren zu dickfluessigen Rapsoels. Diese Methode wird heute weltweit in grossem Stile angewendet. So bieten z.B. in Deutschland weit über tausend Tankstellen Rapsmethylester (RME) an. Die FAT begann vor nunmehr zehn Jahren mit Arbeiten, diese Anpassung der Rapsoelspezifikationen einfacher als durch die ziemlich aufwaendige Umrüstung zu erreichen. Die Grundidee war, das zu „dicke“ Rapsöl mit einer zu „duennen“ Komponente zu mischen, sodass die gewuenschten Parameter durch das Mischungsverhaeltnis eingestellt werden koennten. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Betriebsstofflabor der Eidgenoessischen Material-pruefungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in Duebendorf gelang es, eine solche Mischung aus je zur Haelfte Rapsöl und Kerosin (Flugpetrol) herzustellen, die weitgehend die Erfordernisse von Dieseloel erfuellte. Die Ergebnisse dieses Projektes sind in FAT-Bericht Nr. 502/1997 zusammengefasst. Ziel dieses Versuches ist die Langzeiterprobung eines Rapsöl-Kerosin-Gemisches mit einem handelsueblichen, unveraenderten Traktor unter Praxisbedingungen.
Methoden
Am Traktor erfolgten wärend des
ganzen Einsatzes bewusst keinerlei Veraenderungen.
Die Art und der Umfang
des Einsatzes oblagen dem Versuchsbetriebsleiter
der FAT. Während der
Versuchsdauer stand der Traktor – auch
im Winter – meistens im Freien. Er wurde
für alle anfallenden Arbeiten verwendet,
betrieb jedoch vielfach einen Futtermischwagen
(Abb. 1).
Erfasst wurden Betriebsstunden, Dieseloelverbrauch
und besondere Vorkommnisse
wie oelwechsel, Pruefstandsmessungen,
Reparaturen, Stoerungen, Motorwartungen
usw.
Technische Daten des Motors des Versuchstraktors
Lindner 1600 A
Motor: Perkins Typ T 3.152, 3 Zylinder,
wassergekuehlt, Bohrung 91,44 mm, Hub
127 mm, Hubraum 2502 cm3, Nennleistung
41 kW, Nenndrehzahl 2200,
obere Leerlaufdrehzahl 2510, CAV Verteilereinspritzpumpe
DPA.
Treibstoffherstellung,
Lagerung und Handling
Die Herstellung der Mischung erfolgte in
200-Liter-Faessern, gefuellt mit Rapsöl und
Kerosin im Verhältnis 1:1 und unter
Zugabe von 0,2 Liter Additiv. Es ist wichtig,
zu bemerken, dass zuerst das Rapsöl
bis zur Haelfte eingefuellt und dann direkt
von der Tankstelle mit Kerosin aufgefuellt
wurde. Dadurch erreicht man groessere
Sicherheit gegen Brandgefahr beim
Transport, da auf diese Weise der Flammpunkt
nie unter 55 °C sinkt.
Die Lagerung sowohl des Rapsoels als
auch des Gemisches erfolgte wärend
der ganzen Versuchsdauer in 200-Liter-
Faessern. Auch nach mehrjaehriger Lagerung
des Gemisches traten keine Entmischungserscheinungen
auf. Kerosin loest
sich – aehnlich wie Alkohol im Wasser – im
Rapsöl auf.
Spezifischer Verbrauch
Der spezifische Verbrauch (g/kWh) ist ein
Mass für den Wirkungsgrad des Traktors.
Gramm pro Stunde (g/h) beschreibt die
mit dem Dieseloel zugefuehrte Leistung
und kW bezeichnet die an der Zapfwelle
abgegebene Leistung. Ein Beispiel: 270
g/kWh bedeuten, dass der Traktor für
ein Kilowatt Leistung an der Zapfwelle
270 g/h Dieseloel verbraucht. Anders ausgedrueckt
erzeugt ein Kilogramm pro
Stunde zugefuehrten Dieseloels 3,7 kW an
der Zapfwelle. Je groesser der spezifische
Verbrauch, desto kleiner ist der Wirkungsgrad.
In unserem Falle zeigen sich zwei verschiedene
Kurvenpaare (Abb. 5), die jeweils
im Bereich von 1500 bis 1700 Umdrehungen
pro Minute paarweise eng beieinander
liegen.
Der Grund für dieses Verhalten könnte in
der Reparatur der CAV-Einspritzpumpe
nach 982 Laufstunden zu suchen sein.
Bei 1700 U/min ist der spezifische Verbrauch
bei Versuchsbeginn und nach der
Reparatur der Einspritzpumpe nahezu
identisch und nimmt dann mit zunehmender Betriebsdauer nahezu gleichmässig
zu (Abb. 6). Mit anderen Worten:
Mit zunehmender Betriebsdauer sinkt
der Wirkungsgrad des Traktors, was mit
Veraenderungen im Einspritzsystem und
mit zunehmender Verkokung der Einspritzdüsen
und damit schlechterer Verbrennung
zu tun haben muss. Durch
einen zeitweiligen Betrieb mit Dieseloel bei
hoher Motorbelastung kann ein Selbstreinigungseffekt
erzielt werden. Auf diese
Möglichkeit wurde in diesem Versuch
bewusst verzichtet.
Volllast-Rauch
Der Vergleich der Rauchzahlen nach BOSCH ergibt ein uneinheitliches Bild
und lässt keine eindeutige Interpretation zu.
Emissionen
Während der Versuchsdauer wurden drei
Abgasmessungen nach ISO 8178-4 C1
durchgefuehrt. Auch hier zeigt sich eine
Verschlechterung der Abgaswerte NOx
und CO mit zunehmender Betriebsdauer.
Dies duerfte ebenfalls auf eine zunehmende
Verkokung der Einspritzdüsen zurueckzufuehren
sein. Die Unterschiede der
NOx- und CO-Werte der Messungen vom
18.04.00 und vom 28.06.01 duerften von
einer unterschiedlichen Einstellung der
Einspritzpumpe herruehren (Abb. 8). Die
Einspritzpumpe wurde am 22.02.2000
repariert.
Zum Vergleich sind noch die Grenzwerte
nach den EU-Vorschriften 97/68/EC bzw.
2000/25/EC Stage 1 und Stage 2 dargestellt.
Dieser zugegeben alte Traktor ist
sehr weit davon entfernt.
Vorkommnisse wärend
des Praxiseinsatzes
Das additivierte Rapsöl-Kerosin-Gemisch
funktioniert im Praxiseinsatz zufriedenstellend.
Die bis heute betriebenen Motoren
(siehe auch FAT-Bericht Nr. 502/1997)
erlitten keine Schäden, die eindeutig auf
den Mischtreibstoff zurueckzufuehren sind.
Beim verwendeten Traktor Lindner
1600 A musste nach 2020 Betriebsstunden,
davon 983 Stunden mit Rapsoelgemisch,
die Einspritzpumpe revidiert
werden. Es zeigten sich starke Verschleisserscheinungen
an der Laufbahnoberflaeche
des Hydrorotors und
des zugehoerigen Nockenringes. Kosten
Fr. 1600.–. (ca. 1050.- €)Dieser Schaden konnte
jedoch nicht eindeutig auf die Verwendung
des Rapsöl-gemisches zurueckgefuehrt
werden und ist auch nicht wieder
aufgetreten.
Einer Besonderheit beim Schmieroel
musste Beachtung geschenkt werden:
Das Schmieroelniveau stieg wärend des
Betriebes kontinuierlich an. Das erklärt
sich damit, dass der Rapsoelanteil von
ins Schmieroel gelangendem Treibstoff
infolge des hohen Siedepunktes von
mehr als 350 °C nicht verdampfte. Der
hohe Rapsoelanteil stoerte jedoch nicht, da
Rapsöl eine gute Schmierfaehigkeit besitzt
und die Viskosität bei Betriebstemperatur
nur geringfuegig erhöht wird (siehe FATBericht
502/1997, Seite 11). Das Problem
wurde so geloest, dass beim oelwechsel
nur bis zum Minimalstand aufgefuellt
und jeweils beim Erreichen des Maximalstandes
ein erneuter oelwechsel vorgenommen
wurde.
Treibstoffsteuer
Die Wirtschaftlichkeit von Treibstoffen
aus nachwachsenden Rohstoffen wird
wesentlich von der Hoehe der Besteuerung
bestimmt. Zurzeit sind in der
Schweiz solche Treibstoffe bis zu einer
beschraenkten Menge steuerfrei, wenn
sie aus Pilot- und Demonstrationsanlagen
stammen. Unsicherheit besteht jedoch
bei der Besteuerung von Mischungen.
Logischerweise duerfte nur der mineralischen
Anteil besteuert werde. Bis heute
jedoch ist diese Frage in der Schweiz
nicht eindeutig geklaert.
Die teilweise Rueckerstattung der Mineralölsteuer
an die Landwirtschaft, die bei
Verwendung von steuerbefreiten, erneuerbaren
Treibstoffen nicht gewaehrt wird,
verhindert die Verwendung von Treibstoffen
aus nachwachsenden Rohstoffen
in der Landwirtschaft selbst.
So entsteht die eigentuemliche Situation,
das sich gerade der Landwirt umweltschonendes
Dieseloel nicht leisten kann,
weil er für dieses keine Mineralölsteuer-
Rueckerstattung erhaelt und es somit für
ihn zu teuer ist.
Garantiegewaehrung
Weitere Anstrengungen sind noch auf den
Gebieten der Normung, der praktischen
und rationellen Treibstoffherstellung in
groesseren Mengen und der Qualitaetssicherung
noetig. Klare und rueckverfolgbare
Verhältnisse sind die Voraussetzung für
einen stoerungsfreien Betrieb und in der
Folge für die Freigabe durch die Motorenhersteller.
Der Garantieanspruch gegenüber
dem Hersteller bei einem Motorschaden
erlischt in der Regel, wenn ein nicht
konformer Treibstoff verwendet wird.
Schlussfolgerungen
Die Verwendung des additivierten Rapsöl–Kerosin–Gemisches als Dieseltreibstoff ist technisch machbar. Auch nach fast fuenfjaehrigem, ununterbrochenem Einsatz in einem Traktor auf dem Versuchsbetrieb der FAT und unter teilweise unguenstigen Bedingungen haben sich keine Nachteile gegenüber reinem mineralischem Dieseloel gezeigt. Ein Vorteil dieser Mischung sind die sehr guten Kaltstarteigenschaften.
Weitere praktische Erfahrungen sind mit Bezug auf zukuenftige Freigaben durch Motorenhersteller noetig. Die Frage der Besteuerung dieser Treibstoffmischung ist noch nicht geklaert, und die Rahmenbedingungen für einen grossflaechigen Einsatz fehlen noch.
Ein in diesem Bericht nicht behandelter positiver Aspekt ist die CO2)-Reduktion durch die Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Rapsöl. Im Gegensatz zu Rapsmetyhlester (RME, FAT-Bericht Nr. 514/1998) kann die Mischung mit einem Minimum an Investitionskosten kleingewerblich hergestellt werden. Nebenprodukte oder schaedliche Umweltbelastungen gibt es bei der Herstellung nicht.
Allgemein zu beachtende Punkte
bei der Verwendung von Rapsöl RME und Mischungen mit Kerosin
Die nachfolgend aufgefuehrten Punkte sind bei der Verwendung von Rapsoeltreibstoffen besonders zu beachten und koennten bei Nichtbeachtung zu Problemen bei der Anwendung führen:
-
Korrekte Einhaltung der bestehenden Dieseloelnormen ist zwingend noetig.
-
Für die mechanische Betriebssicherheit besonders wichtig sind:
- Schmierfaehigkeit
- Partikelgehalt
- Wassergehalt
-
Reines Kerosin beeintraechtigt die Schmierfaehigkeit, Rapsöl kompensiert diesen Effekt.
-
RME und Rapsöl greifen Elastomere und manche Kunststoffe an, deshalb müssen Dichtungen und Schläuche anfaenglich häufig ueberprueft werden.
-
Freie Fett-, Essig- und Ameisensaeuren sowie Methanol haben Korrosion zur Folge. Glycerin und Glyceride greifen Nichteisenmetalle an und können zu Ablagerungen und Verstopfungen des Treibstofffilters führen. Dies wird bei Einhaltung der Normwerte vermieden.
-
RME ziehen Wasser aus der Luft an und es kann sich durch Abkuehlung leicht freies Wasser bilden, was zu Korrosion und Materialausbruechen auf Laufbahn-Oberflaechen von Kugellagern und Spritzverstellern führen kann. Es ist deshalb eine möglichst trockene Lagerung bei gleichbleibender Temperatur anzustreben.
- Freies Wasser foerdert die Bildung von Mikroorganismen. Durch die Zellteilung gebildete Eiweissstoffe ergeben eine truebe, schleimige Emulsion, was rasch zum Verstopfen des Treibstofffilters und kleiner Leitungen führt. Saeurehaltige Stoffwechselprodukte führen zu.
Qualitaetssicherung
Zur Rueckverfolgung eventuell auf
tretender Probleme ist eine durchgaengige
Qualitaetssicherung unbedingt
erforderlich. Um diese zu gewaehrleisten,
sollte von jeder Charge (Rapsöl,
Kerosin und fertiges Gemisch) je zweimal
0,5 Liter Proben gezogen werden.
Alle Lieferungen und Arbeitsschritte
der Treibstoffherstellung werden mit
Angabe von Datum und ausfuehrender
Person in einem Journal festgehalten.
Die Proben müssen bis zum vollstaendigen
und stoerungsfreien Verbrauch der
Treibstoffcharge aufbewahrt werden. |
Herausgeber:
Eidgenoessische Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik (FAT)
CH-8356 Taenikon
Tel. +41 (0)52 368 31 31
Fax +41 (0)52 368 31 31
E-Mail: info(at)fat.admin.ch
http://www.sar.admin.ch/fat/d/port/portdir.html
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