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Gesamtwirtschaftliche Bewertung des Rapsanbaus
zur Biodieselproduktion in Deutschland
Raps von Stilllegungsflaechen ist für inlaendische
Biodieselproduktion nicht mehr ausreichend
Zum Annahmengeruest hinsichtlich der landwirtschaftlichen
Produktionsebene gehört, dass auch 2003 an dem eingefuehrten
Instrument der Flaechenstilllegung (zur Drosselung der
Nahrungsmittelproduktion) festgehalten wird und der Anbau
nachwachsender Rohstoffe auf diesen Flaechen gestattet ist.
Allerdings ist entsprechend dem Blair-House-Abkommen der
Anbau von
oelsaaten auf den sog. Nonfood-Flaechen EU-weit
nach wie vor auf einen Umfang begrenzt, der durch den Anfall
von 1 Mill. Tonnen Sojaschrotaequivalent vorgegeben ist.
Aus diesem Grunde wird für Deutschland ein Anbau von Raps
auf Nonfood-Flaechen lediglich im Umfang von 350 000 ha
veranschlagt. Als Folge eines wachsenden Biodieselmarktes
wird angenommen, dass weitere 350 000 ha Raps auf
herkoemmlichen Food-Flaechen zur Verwertung für Biodiesel
angebaut werden. Angesichts hoher oelsaateneinfuhren in den
vergangenen Jahren wird für das Modell unterstellt, dass es
infolge des Rapsanbaus zur Verwendung als Biodiesel zu keiner
Einschraenkung des Food-Rapsanbaus kommt, so dass
von einer Ausweitung des Rapsanbaus auf nicht stillgelegten
Flaechen um 350 000 ha auszugehen ist.
Die wichtigste betriebswirtschaftliche Alternative zur »Nutzung « stillgelegter Flaechen in Deutschland ist die »aktive Begruenung «. Die wirtschaftlichen Ansprueche und Ertraege dieses »Produktionszweiges« sind daher quantitativ im Ansatz
zu berücksichtigen.
Beim Anbau von Raps auf Food-Flaechen wird davon ausgegangen,
dass diese Aktivitaet insgesamt gesehen zu
Lasten der Getreideerzeugung geht, auch wenn einzelbetriebliche
Fruchtfolgeueberlegungen zu anderen Entscheidungen
führen können. Raps steht in den gebraeuchlichsten
Fruchtfolgen vor Winterweizen. Eine Einschraenkung
von Zuckerrueben oder Silomais, beides
Fruechte, die ebenfalls häufig vor Winterweizen stehen, ist
als Folge des Rapsanbaus dagegen nicht anzunehmen.
Zuckerrueben werden wegen ihrer grossen relativen Vorzueglichkeit
auf jeden Fall im Umfang bestehender Kontingente
angebaut. Der Umfang des Silomaisanbaus wird
dagegen vom Rauhfutterbedarf in der Rinderhaltung bestimmt.
Wenn es dort zu einer Einschraenkung kommen
sollte, ist diese nicht ursaechlich der Einführung der Produktionskette
Raps – Biodiesel anzulasten. Daraus folgt,
dass auch die wirtschaftlichen Ansprueche und Ertraege
der »entgangenen« Getreideerzeugung im Ansatz zu berücksichtigen
sind. Dies schlaegt sich nicht nur auf der
Ebene der landwirtschaftlichen Erzeugung (z.B. bei den
Vorleistungen), sondern auch auf der Ebene der Vermarktung
nieder. Auf ueberschuessigen Maerkten bedeutet
eine verminderte Getreideproduktion Kostenersparnis
bei der Intervention oder der
Exporterstattung.
Flaechenbeihilfen und Stilllegungspraemien sind
nicht zu berücksichtigen, da die beiden jeweils
konkurrierenden Produktionsverfahren
auf Food- wie auch auf Nonfood-Flaechen unter
den Bedingungen des Jahres 2003 auch
mit den jeweils gleichen Praemiensaetzen bzw.
Beihilfen bedacht werden. Damit ergibt sich
weder für die empfangenden Landwirte noch
für den Staat ein Unterschied.
In welchem Umfang tatsaechlich Raps zur
Biodieselproduktion auf Food-Flaechen angebaut
wird und in welchen Regionen dies
geschieht, haengt ganz entscheidend von
den zu erwartenden Raps- und Getreidepreisen
ab und damit von der – regional
unterschiedlich zu bewertenden– relativen
Vorzueglichkeit der Rapserzeugung gegenüber
der von Getreide. Rapsanbau auf– verkuerzt ausgedrueckt – Getreideflaechen wird
erst dann in nennenswertem Umfang erfolgen,
wenn der Deckungsbeitrag von
Raps, erhöht um dessen Vorfruchtwert,
dem Deckungsbeitrag von Getreide entspricht.
Die sich einstellende regionale Verteilung kann mit einem Input-Output-Modell nicht ermittelt
werden. Anhaltspunkte sind u.a. Untersuchungen der Universitaet
Kiel (Langbehn und Plessmann 1998) zu entnehmen,
die die relative Vorzueglichkeit von Raps auf verschiedenen
Standorten und bei verschiedenen Preiskonstellationen
ermitteln.
Für die volkswirtschaftlichen Effekte, die von der landwirtschaftlichen
Produktionsebene ausgehen, sind die zu unterstellenden
Preise für Raps und die Alternativfrucht Weizen
von massgeblicher Bedeutung. Laesst man die unterstellte
Vorleistungsstruktur und die Annahmen über die Vorleistungskosten
konstant und variiert die genannten Erzeugerpreise,
so schlagen diese direkt auf die Deckungsbeitraege
durch.
Wie bereits erwaehnt, stellt der Vorfruchtwert von Raps aus
einzelbetrieblicher Sicht ein nicht zu vernachlaessigendes Kriterium
für die Beurteilung der relativen Vorzueglichkeit von
Raps in der landwirtschaftlichen Erzeugung dar. Er resultiert
aus naturalen Mehrertraegen der Folgekultur, i.d.R. Getreide,
sowie aus Kosteneinsparungen bei deren Anbau.
Da sich diese »Nebenleistung« der Rapsproduktion monetaer
auswirkt, ist sie auch in die volkswirtschaftliche Bewertung
einzubeziehen.
Ein häufig uebersehener Zusammenhang ist, dass infolge
der Verdraengung von Getreide durch Raps der Umfang der
mit Bluetenpflanzen bestellten Ackerflaechen entsprechend
zunimmt. Um eine gute Rapsernte zu erzielen, ist die Praesenz
Blueten besuchender Insekten nuetzlich, was weitgehend
durch gezielte Aktivitaeten der Imkereiwirtschaft (Aufbau
zusaetzlicher Voelker, Transport der Voelker zu den Rapsstandorten)
sichergestellt wird. Unter volkswirtschaftlichen
Gesichtspunkten ist daher auch die zurechenbare Honigproduktion
als eine durch Erweiterung des Rapsanbaus
induzierte Wertschoepfung zu betrachten und in das Gesamtmodell
zu integrieren. Allerdings sollte man angesichts
der duennen Datenlage zur Imkereiwirtschaft nur mit vorsichtigen
Ansaetzen operieren. Für den Rapsanbau auf Stilllegungsflaechen
wurde kein zusaetzlicher Honigertrag in Ansatz
gebracht, weil auch bei den verschiedenen Verfahren
der Begruenung Bluetenpflanzen eine nicht geringe Rolle
spielen.
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