Nachhaltige Mobilitaet zwischen oekonomischer und oekologischer Anforderungen
Anforderungen an eine nachhaltige Mobilitaet
Konzepte zur nachhaltigen Mobilitaet - Erfahrungen aus der Praxis
Wie bei anderen Akteuren einschliesslich breiter Schichten der Bevoelkerung ist auch in vielen Unternehmen das Interesse an einer konkreten Umsetzung von nachhaltiger Mobilitaet nach wie vor gering. Selbst der Informationsbedarf über die Chancen, die in diesem Politikfeld zugunsten von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft simultan genutzt werden koennten, lässt zu wuenschen übrig. Dies verdeutlicht auch die geringe Teilnehmerzahl aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor an der durchgefuehrten Fachkonferenz: Noch nicht einmal fuenf der über 800 angesprochenen Unternehmen schickten einen Mitarbeiter zu der Veranstaltung. Hinzu kommt, dass offensichtlich auch auf der wirtschaftlichen Ebene die Traegheit der etablierten Systeme die letztlich ueberfaellige Umsetzung von Konzepten einer nachhaltigen Mobilitaet behindert. Die folgenden Beispiele aus fuenf ausgesuchten Unternehmen besitzen deshalb quasi Pioniercharakter. Solche Beispiele, die die Vereinbarung von oekonomischen, oekologischen und sozialen Anforderungen verdeutlichen, verdienen es, in den Medien mehr beachtet bzw. diskutiert zu werden. Die Politik bleibt aufgerufen, derartige Ansaetze intensiver zu fördern.
Institut für Logistik und Verkehrsmanagement
Die Geschaeftsfuehrerin des Instituts für Logistik und Verkehrsmanagement ILV stellt das Muenchner Modell zur Citylogistik vor, das sich im wesentlichen mit einer Optimierung des Warenverkehrs zwischen Herstellern und Grosshandel einerseits und dem Einzelhandel in der Muenchner Innenstadt befasst. Hervorgegangen ist das Konzept aus einem vom bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie und von der freien Wirtschaft gefoerderten Forschungsprojekt. Im Rahmen verschiedener Lenkungsausschuesse wurden die Arbeitsergebnisse diskutiert und generelle Empfehlungen erarbeitet, die mittlerweile bundesweit Beachtung finden und auch die Grundlage für eine Vielzahl weiterer praxisorientierter Logistikkonzepte bilden.
Nach Darstellung der Referentin wurde das Modell entwickelt, um einen pragmatischen und wirtschaftlich erfolgreichen Weg zur Bewaeltigung der sich verschaerfenden Situation im Bereich der Belieferung mit Waren zu finden. Generell staenden hier die Verladeindustrie, der Handel und das Transportgewerbe unter einem hohen Leistungsdruck: So werde die Attraktivitaet einer Stadt in erheblichem Umfang von den Einkaufsmoeglichkeiten gepraegt, die der Handel biete, von servicefreundlichen Dienstleistungsunternehmen über eine vielseitige Gastronomie bis hin zu einem breiten kulturellen Angebot. Voraussetzung dafuer sei eine reibungslose Praesentation des Warenangebots ebenso wie ein effizientes Entsorgungsmanagement für Verpackungen und Retouren.
Teure Verkaufsflaechen im Innenstadtbereich haetten dazu gefuehrt, dass der Handel seine Lagerflaechen in Verkaufsflaechen umwandeln und somit letztlich in immer kleineren Mengen und haeufiger beliefert werden muesse. Dies wiederum fuehre in letzter Konsequenz zu einer höheren Zahl an Anlieferfaellen und auch zu einer geringeren Auslastung der Lkw. Daraus ergebe sich das Dilemma, dass der Wirtschaftsverkehr zunehmend zu einer Belastung für Mensch und Umwelt werde. Der Einzelne sei von Laerm und Abgasen, aber auch von Staus und Behinderungen im ohnehin ausufernden Verkehrsgeschehen zunehmend betroffen, so dass die Attraktivitaet der Stadt leide. Citylogistische Konzepte im Sinne einer Selbstorganisation der Wirtschaftspartner staenden dementsprechend seit mehreren Jahren in ganz Deutschland auf der Tagesordnung.
Im Muenchner Modell spiele die prozessorientierte Betrachtung der gesamten Wertschoepfungskette eine besondere Rolle, denn angesichts des strukturellen Wandels koenne nur ein gemeinsames Handeln aller Beteiligten erfolgreich sein (sog. supply chain management). über das Transportgewerbe hinaus muessten also auch die verladende Industrie, der Handel und die Kommune an einem erfolgreichen Konzept mitarbeiten. Bezueglich der Reduzierung negativer oekologischer Effekte habe man sich an folgender Zieltrias orientiert:
- Verkehrsvermeidung: Dieser Ansatz umfasse alle Massnahmen zur besseren Kapazitaetsauslastung der eingesetzten Fahrzeuge, zur Reduzierung von Fahrstrecken und von Lieferstopps.
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Verkehrsverlagerung: Hier stehe die Einbindung oder die attraktivere Nutzung von alternativen Verkehrstraegern im Vordergrund, wobei die Schwierigkeiten, auf die Schiene oder Binnenwasserstrasse umzusteigen, hinreichend bekannt seien.
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Vertraeglichere Gestaltung des Verkehrs: Hier seien technische Lösungen gefragt, z.B. Antriebs-, Be- oder Entladetechnik, vor allem um einen laerm- und schadstoffarmen Wirtschaftsverkehr in den Innenstadtbereichen zu erzielen, aber auch organisatorische und planerische Lösungen z.B. seitens der Kommunen, um Wirtschaftsverkehr raeumlich und zeitlich zu entzerren.
Grundsaetzlich haetten alle praktischen Citylogistikerfahrungen gezeigt, dass verkehrliche und ökologische Ansaetze nur dann von den Wirtschaftspartnern akzeptiert wuerden, wenn jeder einzelne auch eigene Ziele verfolgen koenne und individuelle Vorteile erkenne - denn letztendlich entscheide die Erzielung von Kosteneinsparungen.
Angesichts dieser Randbedingungen muesse ein Loesungskonzept also zwangsläufig darin muenden, eine Buendelung der Gueterstroeme im Rahmen der Selbstorganisation der Wirtschaftspartner zu erreichen. Gemeint sei eine Buendelung zum Einzelhandel hin, d.h. nicht mehr zehn verschiedene Speditionen sollen ihre Sendungen zu einem Geschaeft verbringen, sondern nur noch ein Unternehmen. Die Vorteile laegen auf der Hand: Bessere Kapazitaetsauslastung und damit Kosteneinsparung durch Erhöhung des Transportgewichts pro Lieferung, durch Einsparung von Lieferstopps sowie durch Einsparung der Anlieferfaelle.
Potentielle Nachteile seien in hohem Masse davon abhaengig, welche Gruppe sich mit dem Konzept auseinandersetze. So setzten Buendelungen durch Speditionskooperationen, wie sie in vielen Staedten bereits betrieben wuerden, eine hohe Kooperationsbereitschaft voraus, die nicht immer vorhanden sei. Vielfach scheiterten Kooperationen einfach an Beruehrungsaengsten, z.B. mit dem Wettbewerber gemeinsam Waren auszusenden. Abgesehen von Konkurrenzdenken bildeten aber auch die Bereiche der Gewinnverteilung und des Auftrags-Clearings Stolpersteine. Grundsaetzlich muesse man feststellen, dass die von Logistikdienstleistern zu erwirtschaftenden Einsparpotentiale bei weitem noch nicht ausgeschoepft seien, so dass in dieser Akteursgruppe noch viel Aufbau- und Umsetzungsarbeit zu leisten sei.
Initiator einer Buendelung koenne auch der Handel sein. In der Vergangenheit haetten der Grosshandel bzw. grosse Handelsketten fruehzeitig das Potential einer Buendelung erkannt und umgesetzt. Der Motor der Buendelung seien hier aber nie verkehrliche bzw. ökologische Effekte gewesen, sondern immer die Chance zur eigenen Gestaltung der Warenverteilung und infolgedessen zur Realisierung von Kosteneinsparungen. Diskutiert werde derzeit auch die Selbstabholung, z.B. das Konzept der Metro und der Widerstand der Verladerseite, insbesondere in der Koerperpflegeindustrie und in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Auch hier wuerden natuerlich grosse Buendelungspotentiale gesehen.
Aber auch die verladende Industrie koenne von sich aus aktiv in Richtung Buendelung der Warenstroeme agieren. Kooperierende Hersteller besaessen quasi automatisch ein sehr hohes Erfolgspotential. Aus diesem Grund wurde für das Muenchner Modell bevorzugt diese Gruppe aktiviert. Eine Herstellerkooperation koenne zudem vergleichsweise leicht vom Muenchner Modell (mit seiner Beschraenkung auf Suedbayern) auf weitere Regionen bzw. auf ganz Deutschland übertragen werden.
Zur Bildung von Herstellerkooperationen wurden seit 1995 mehrere sog. Muenchner Kreise ins Leben gerufen, naemlich
- die Papier–, Buero- und Schreibwarenindustrie,
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die Koerperpflege- und Waschmittelindustrie,
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die Hausgeraetehersteller
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die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und
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die Arzneimittel- und die Pharmaindustrie.
Diese Branchen wurden im Rahmen einer halbjaehrigen Machbarkeitsstudie bestimmt.
Besondere Erfolge seien im Muenchner Kreis der Koerperpflege- und Waschmittelindustrie erzielt worden. Nach ersten theoretischen Simulationen, ob denn eine Buendelung überhaupt zu Kosteneinsparungen führen koenne, haben sich diese Branchen nach einer Entwicklungsphase von rund zwei Jahren entschlossen, im Juli 1996 mit den ersten gebuendelten Auslieferungen im Stadtgebiet Muenchen und in den angrenzenden Regionen zu beginnen. Nachdem dieses Projekt sehr rasch an Tonnage gewonnen habe und auch an neuen Teilnehmern, habe sich die gesamte Gruppe 1998 entschlossen, das Ganze national auszuweiten. Diese Weiterentwicklung des Modells über das Forschungsprojekt hinaus sei allein deshalb als besonderer Erfolg zu werten, weil solche Kooperationen gegen etabliertes Wettbewerbsdenken anzukaempfen haetten und dementsprechend viele Vorurteile zu bewaeltigen seien. Solange man sich aber um ein Kooperationsmanagement bemuehe, das mit Clearing und Zusammenhalt die Partner wirklich neutral behandle und die Gruppe hier eine Anlaufstelle habe, wo sie sich konzeptionell gut behandelt fuehle, staenden die Chancen gut für eine Umsetzung. Andere Projekte zeigen aber auch, dass in Faellen, in denen ein Gruppenmitglied sehr dominant ist, solche Kooperationen sehr leicht scheitern können.
Auch der Muenchner Kreis der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sei sehr aktiv. Seit Februar 1999 liefere die gesamte Gruppe über die Danzas-Logistics aus. Da die Hersteller sehr zufrieden mit Qualität und Preisverhaeltnis des Dienstleisters seien, habe die Gruppe entschieden, dieses Konzept für die gebuendelte Auslieferung in Suedbayern auf ganz Deutschland zu übertragen.
Einen weiteren wesentlichen Aspekt stelle die Nutzung neuer Möglichkeiten der Telematik dar. So gehe das Muenchner Modell von einem Ansatz aus, den man als virtuelles Gueterverkehrszentrum bezeichnen koenne. Verschiedene Elemente wie Speditionsniederlassungen, Verladezentren, Haefen etc. koennten physisch und telematisch so vernetzt werden, dass sie quasi die gleichen Funktionen erfüllen wie ein arrondiertes, d.h. an einem Platz befindliches Gueterverkehrszentrum. Die telematische Vernetzung werde in einem besonderen Projekt fortentwickelt, das den Datenaustausch über einen gemeinsamen Server in einer Form sicherstelle, dass der Einzelne - sei es die verladende Industrie, Handel oder Logistikdienstleister - nicht sein hausinternes System anpassen muesse, um mit gemeinsamen Datensaetzen arbeiten zu können; diese Aufgabe werde von einem neutralen Dienstleister wahrgenommen.
Weitergehend wurde auch der Handel als zentraler Akteur in das Muenchner Modell eingebunden. Mittels repraesentativer Umfragen seien Frage wie Buendelungsfaehigkeit von Werkverkehren, Kooperationsbereitschaft im Erzeugungsverkehr oder Einrichtung von Lieferdiensten geklaert worden. Dabei habe sich ein sehr differenziertes Bild ergeben: So sei die Logistik im Grosshandel und bei Kaufhauskonzernen in der Regel sehr weit entwickelt. Im Prinzip wuerden alle Lieferdienste angeboten, der Verbraucher nutze diese Angebote aber bislang kaum. Der kleine und mittlere Facheinzelhandel hingegen sehe meist gar nicht die Notwendigkeit, bei solchen citylogistischen Bemuehungen aktiv mitzumachen.
Schliesslich sei auch die Kommune intensiv in das Forschungsprojekt einbezogen worden. Das ILV habe gemeinsam mit den Referaten für Arbeit und Wirtschaft sowie für Stadtplanung und Bauordnung der Stadtverwaltung Muenchen mit unterstuetzenden Massnahmen die erforderliche Selbstorganisation der Wirtschaftspartner sinnvoll ergaenzt, z.B. durch den Einsatz eines laerm- und schadstoffarmen Fahrzeugs und durch Aufhebung der bisherigen Lieferzeitfenster in der Innenstadt von Muenchen.
OBI - Baumarkt Logistik
Der Geschaeftsfuehrer der OBI - Baumarkt Logistik betont einfuehrend, dass es angesichts der massiven Expansion des Marktfuehrers im Bereich der Bau- und Heimwerkermaerkte in Deutschland [Fn.18: In Deutschland gibt es ca. 340 OBI-Maerkte mit Verkaufsflaechen bis zu 32.000 m², , 70 weitere in Europa (v.a. Polen Tschechien, Ungarn, Schweiz, Italien). Im Fruehjahr 2000 wurde der erste OBI-Markt in China eroeffnet. Der Gesamtumsatz 1998 belief sich auf 6,5 Milliarden DM, in den kommenden zwei Jahren wird die 10-Milliarden-Grenze angestrebt. ] und vor allem angesichts der für den OBI-Verbund kennzeichnenden Franchise-Struktur von besonderer Bedeutung gewesen sei, sich des Themas Buendelung und Optimierung von Warenstroemen anzunehmen, sowohl aus rein wirtschaftlichem wie auch aus oekologischem Interesse. Bis 1995 habe jeder OBI-Markt selber eigenstaendig bei seinen Lieferanten bestellt. Es habe keine Zentrale gegeben, die Auftraege buendelt. Das habe bei 340 weitgehend eigenstaendig agierenden Outlets zu unkoordinierter und ausufernder Belieferung, zu stundenlangen Wartezeiten und zur Belegung von Verbraucher-Parkplaetzen durch den Lieferverkehr gefuehrt (Abb. 3).
Der OBI-Vorstand sei dann angesichts der Tatsache, dass die eigenen Kernkompetenzen im Einzelhandel laegen, zu der Entscheidung gekommen, mit der Firma Fiege einen internationalen Logistiker mit Joint-Venture-Erfahrungen mit Unternehmen wie Kaufhof, Karstadt, Weiland, Vorwerk einzubeziehen. Eine Kooperation mit anderen Baumarktgruppen sei ebenfalls angedacht worden, aber aufgrund von Beruehrungsaengsten, wie sie auch die Vertreterin des ILV als Erfahrung aus dem Muenchner Modell geschildert habe, letztlich fallengelassen worden.
Ein System in der Art des Muenchner Modells sei mittlerweile bei OBI weltweit umgesetzt worden (Abb. 4), einschliesslich der Buendelung der Warenstroeme zwischen den Lieferanten und den Maerkten, der Verbesserung der Distribution und insbesondere der Abwicklung von Sonderaktionen, wie sie periodisch von fast allen Einzelhandelsketten durchgefuehrt wuerden. Ein Teil der so in Baumaerkten beworbenen und angebotenen Ware sei extra gefertigte Aktionsware, die zu 40 bis 50% aus Fernost stamme. Der zeitgerechte Import und die Distribution von den Herstellern in Taiwan oder China bis zum einzelnen Baumarkt sei eine besondere Herausforderung. Die Baumarkt-Logistik operiere hierbei über ein arrondiertes Logistikzentrum in der Naehe von Wermelskirchen als zentraler Schaltstelle.
Hinsichtlich der Verkehrstraeger bediene man sich bei OBI zwar auch der Schiene (ca. 30% Stueckgut innerhalb der BRD), aber zwangsläufig stellten aus zeitlichen wie raeumlichen Erfordernissen Lastwagen den Schwerpunkt dar. Weil die Binnenschiffahrt insgesamt viel zu langsam sei, werde sie speziell im Aktionsgeschaeft kaum genutzt. Durch Buendelung habe man insgesamt die Rampenkontakte um ein Vielfaches senken können, und auch die kostenrelevanten Wartezeiten der Spediteure konnten deutlich gesenkt werden. Weiter sei auch die Inhouse-Logistik von besonderer Bedeutung, d.h. die Verraeumweite von der Warenannahme bis zum Standplatz der Aktionsware. Hier habe es sich angeboten, eine eigene Gesellschaft zu gruenden, die schwerpunktmaessig die Aufgabe habe, die vom Spediteur avisiert Ware anzunehmen, den Lkw relativ schnell abzuladen, zu zaehlen, messen, zu wiegen und dann sofort in den Verkaufsraum zu distribuieren, und das ausserhalb der Ladenoeffnungszeiten. Diese Philosophie werde seit fuenf Jahren sehr erfolgreich umgesetzt.
Buendelung beschraenke sich allerdings nicht auf Quelle und Ziel. Die Lieferanten wuerden zunehmend als Partner in die gesamte Wertschoepfungskette einbezogen. Seit einiger Zeit gibt es ein Modell, in dem den Lieferanten die gesamte Warenverantwortung des Sortimentes übertragen wird. Durch globale Vernetzung, POS-Kassen etc. kenne der Lieferant zu jeder Zeit den aktuellen Bestand in den Maerkten, so dass er automatisch und kurzfristig seine Produktion darauf einstellen und selbst nachdisponieren koenne. Für die OBI-Maerkte bedeute dies eine sofortige Bestandsreduzierung (und damit Platzersparnis), und vor allem der Lieferant habe ein direkteres Interesse daran, dass seine Ware nicht nur in die Maerkte hineinverkauft, sondern auch über die Kasse möglichst schnell wieder abverkauft werde. Beschleunigung und Angebotsoptimierung wuerden beispielsweise auch für den Kuechenbereich angestrebt, in dem bislang in der Regel Wartezeiten von mehreren Wochen für die Endkunden bestanden und die Baumaerkte kein umfassendes Angebot einschliesslich Anlieferung und Installation gehabt haetten. Schliesslich solle auch im Bereich der Pflanzenlogistik die bisherige Lieferzeit von zwei bis drei Tagen auf 24 Stunden verkuerzt werden.
Insgesamt sei das Thema oekologie ein Schwerpunkt bei OBI. 1998 habe man den ersten oekologisch ausgerichteten Markt eroeffnet, und der Vorstandsvorsitzende sei auch oekomanager des Jahres geworden. In der Diskussion [Fn.19: Der Moderator der Fachkonferenz darauf hin, dass die Kunden über die – zweifellos logistisch optimierten – Sonderangebote dazu verleitet wuerden, zusaetzliche Dinge zu kaufen. An solchen aus oekologischer Sicht unerwuenschten Effekten muesse wahrscheinlich bei allen Baumaerkten noch gearbeitet werden.] über die betrieblichen Aktivitaeten wird angeregt, die bisher vom Unternehmen nicht quantifizierten Einsparerfolge bei der logistischen Optimierung zumindest für die Zukunft nachvollziehbar zu machen.
Siemens
Als Beitrag der Siemens-Forschung zum Thema der Fachtagung stellte der Unternehmensvertreter die seit einigen Jahren in Entwicklung befindlichen und nun an der Schwelle zur Markteinfuehrung stehenden sog. Personal Travel Systems vor. Bei diesem vom BMBF gefoerderten Forschungsprojekt handele es sich im wesentlichen um eine elektronische, ggf. auch multimediale Unterstuetzung des Personenverkehrs. Jede Form von Unterwegs sein, z.B. Geschaeftsreisen, Urlaubsreisen, die Fahrt zum Arbeitsplatz, aber auch ein Kinobesuch, gehoerten grundsaetzlich zum Bereich der moeglichen Anwendungen. Generell gehe es darum, mit Hilfe mittlerweile etablierter Technologien wie Internet oder Mobilkommunikation dem Kunden ein Angebot zur Verfuegung zu stellen, das seinem Beduerfnis nach einer möglichst reibungslosen und auf die persoenlichen Beduerfnisse zugeschnittenen Reiseplanung und einem ebensolchen Reiseverlauf entgegenkaeme. So braeuchte man bei einem abendlichen Kinobesuch ggf. vorher einen sicheren Parkplatz ohne langwierige Suche und vielleicht auch noch einen Platz im Restaurant.
Ein anderes Beispiel koenne die Buchung einer Reise sein. Heute muesse man sich dabei um viele Details selbst kuemmern, z.B. um die Elemente einer mehrteiligen Reisekette, wenn ein Taxi, eine S-Bahn, ein Zug, ein Flugzeug, ein Hotel am Zielort und das ganze wieder zurück bis zum Ausgangsort gebraucht wuerden. Verschiedene Tickets von verschiedene Providern wuerden benötigt, Fahrtzeiten muessten abgestimmt werden, ganz abgesehen von persoenlichen Praeferenzen bezueglich Sitzplatz, Hotelkette, Fluggesellschaft etc. Solche Optimierungen erforderten viel Einsatz bzw. Zeit, teils unterblieben sie ganz. Mit Hilfe automatischer Systeme koennten hier erhebliche Verbesserungen erreicht werden.
Schwierig sei derzeit vor allem, dass die statischen Daten, die benötigt wuerden, von Fahrplaenen bis zu Parkplatzbelegungsplaenen, bislang nicht richtig standardisiert und leicht verarbeitbar zur Verfuegung staenden. Noch problematischer seien die dynamischen Daten, u.a. über Staus und Verspaetungen. Die Idee eines automatisierten Personal Travel Systems sei eben, alle diese Daten in Echtzeit einzuholen, entsprechend aufzubereiten und sie dann dem Reisenden vor, wärend und auch nach der Reise zur Verfuegung zu stellen.
Eigentlich wolle der Reisende in der Regel lediglich angeben, wann er losfahren wolle, wohin er wolle und wann es zurück gehen solle (sog. To-Door-Planung). Auf der Basis der bereits gespeicherten persoenlichen Praeferenzen sei es dann ein leichtes, sich ein Angebot einschliesslich Alternativvorschlaegen über den Personal Travel Assistant (PTA) erstellen zu lassen und zu buchen. Dynamische Aspekte - z.B. der Wunsch nach einer ploetzlichen Umbuchung von unterwegs oder die Möglichkeit, einen frueheren Flug nach Hause zu nehmen - wuerden ebenfalls erleichtert. Mit wärend der Reise eintretenden Veraenderungen - wie Verspaetungen oder neue Reiseziele - koenne mit Hilfe des PTA effizienter, kostenguenstiger und zeitguenstiger umgegangen werden. Nach der (Geschaefts-)Reise werde die Abrechnung erleichtert, und im Zuge einer Buendelung koennten im Firmeninteresse guenstigere Konditionen bei Hotels, bei
Flugreisen erzielt werden (vgl. Abb. 5).
Um all das realisieren zu können, sei seitens der Anbieter die Bereitstellung der Daten aller Verkehrstraeger sowie aller anderen Teilnehmer an einem solchen System Voraussetzung. Dabei gehe es nicht nur um Verkehrsverbuende, um Luftfahrt- oder Bahngesellschaften, sondern auch um Parkhaeuser, um Hotels, um Restaurants, eigentlich um alle, die ein Angebot für jemanden machen, der auf Reisen sei oder auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Dieses Angebot werde im wesentlichen über das Internet zur Verfuegung gestellt. Dann gelte es nur noch, die Schnittstelle zu hoeherwertigen Diensten, die entsprechend den Wuenschen des Reisenden ausgestaltet sind, sicherzustellen.
Ein derartiges Konzept sei mit Hilfe softwarebasierter sog. Agentensysteme zu verwirklichen, die heute bereits in ausgereifter Form zur Verfuegung staenden. Die Funktion koenne man sich in etwa so vorstellen, dass autonome (Software-) Agenten zu einem bestimmten Reisewunsch die Angebote aller Verkehrstraeger, Hotels, usw. durchprueften, Alternativen mit oder ohne Beruecksichtigung persoenlicher Praeferenzen und Erfahrungen anzeigten. Falls erwuenscht wuerden die Systeme völlig autonom entscheiden und all das buchen, was im Rahmen der Reise benötigt werde.
Das gleiche gelte im Prinzip für dynamische Verkehrsleitsysteme. So gebe es z.B. auch in Deutschland erste Ansaetze für dynamische Navigationssysteme in Autos von Daimler Chrysler. In Japan arbeiten derartige Systeme schon seit einiger Zeit mit sehr grossem Erfolg. Allerdings sei daran verkehrspolitisch nicht ganz unbedenklich (vgl. Kap. 2.1, Studie des TAB), dass die Umleitungsempfehlungen dann eventuell Verkehr auf Strassen lenkten, wo man ihn nicht haben moechte. Ein weiterer Nachteil derartiger Systeme der dynamischen Verkehrsleitung sei natuerlich auch, dass sie umso besser funktionierten, je weniger Verkehrsteilnehmer sie zur Verfuegung haetten. Wenn die Haelfte aller Autofahrer solche Ausweichempfehlungen nutze, gehe der Wirkungsgrad zurück.
Schliesslich sind die Zugriffsmoeglichkeiten auf die Systeme von entscheidender Bedeutung für ihren Erfolg. Der Zugriff muesse im Prinzip immer und ueberall auf alle moeglichen Arten erfolgen können. Als mobiles Endgeraet werde im wesentlichen wohl das Handy fungieren, das um all die genannten Funktionen angereichert sei. Dabei seien sicherlich die Mensch-Maschine-Schnittstellen von grosser Bedeutung, denn niemand wolle sich mit kompliziert zu bedienenden Geraeten auseinandersetzen. Intuitive und klar strukturierte Bedienoberflaechen und ggf. sprechende Systeme seien interessante Optionen für die Zukunft. Eine derartige Vision kann in etwa wie folgt aussehen: Am Schreibtisch formuliert man seinen Reisewunsch, erhaelt gewisse Alternativen, waehlt aus und wird dann über eine intermodale Reisekette z.B. von Frankfurt nach London gefuehrt. Unterwegs erhaelt man ggf. Assistenz bei der Parkplatzsuche in der Park and Ride-Anlage, Informationen über die noch verfuegbare Zeit bis zur Abfahrt des Zuges, über den Abfahrbahnsteig, über einen evtl. Wechsel des Abflug-Gate usw.. Wolle man aus der geplanten Kette ausscheren, also z.B. 10 Minuten später fahren, dann muesse das relativ flexibel und automatisch gehen, auch wenn ein Deutscher in London mit dem Automat auf Deutsch spreche. Auch die heute noch nicht zufriedenstellend laufende Endvision einer Sprachuebersetzung in Echtzeit sei durchaus vorstellbar. In einem anderen Teil des Display koenne man Empfehlungen erhalten, wie man die Wartezeit sinnvoll verbringen koenne, sei es in einer Kneipe oder mit dem Besuch einer Ausstellung. Das Ganze sei kombinierbar mit einem elektronischen Fahrgeldmanagement. Mit einer einzelnen Chipkarte koenne alles bezahlt und die Reisekostenabrechnung erledigt werden.
Typische Fragestellungen zu derartigen Systemen, wie sie sich aus dem Blickwinkel einer nachhaltigen Entwicklung stellen, - z.B. die moeglichen oder bereits real vorhandenen Auswirkungen auf Arbeitsplaetze oder Risikoaspekte hinsichtlich Datenschutz bzw. der Sicherheit finanzieller Transaktionen - wurden nicht eroertert. Unberuecksichtigt blieb auch jedwede ökologische Perspektive sowie generell die erforderliche Integration derartiger Innovationen in das soziale, ökologische und letztlich auch oekonomische Umfeld. Der Diskussionsleiter merkte an, dass es bei diesem Konzept entscheidend sein koenne, welche Informationen überhaupt verfügbar gemacht wuerden, z.B. welche Hotels in der Datenbank enthalten seien und welche nicht. Für die Wirtschaftlichkeit koenne es entscheidend sein, wieviel Kosten - wie heute schon üblich - im Internet über Werbung abgedeckt wuerden, wie diese Werbung gestaltet sei usw. Vielleicht komme es soweit, dass die Verbraucher für solche Systeme gar nichts bezahlen muessten.
Gerling-Versicherungsgruppe
Die Achtung vor Mensch und Natur sei wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur bei Gerling. Aus diesem Grund wird nach Angaben des Umweltbeauftragten des Unternehmens der nachhaltigen Verkehrsentwicklung eine Vielzahl von konkreten Massnahmen gewidmet. Für die besonders preiswerte Nutzung des oeffentlichen Personennahverkehrs erfolgte bereits 1994 die Einführung eines Job-Ticket. Um diese Massnahme für die Mitarbeiter auch wirtschaftlich interessant zu machen, habe sich die Geschaeftsleitung auf Anregung des Arbeitskreises „Pro Umwelt" und des Betriebsrates entschlossen, u.a. die Parkplatzgebuehren von vorher 50,- DM auf 90,- DM monatlich zu erhoehen. Die dadurch eingesparte Subventionierung des Mitarbeiter-Parkraumes werde nun als Sponsoring vollstaendig den Kosten für das Job-Ticket zugerechnet. Um aber das Job-Ticket noch preiswerter für die Nutzer anbieten zu können, zahlt der Arbeitgeber einen tariflichen Zuschuss von mittlerweile 40,- DM monatlich. Dabei handle es sich um eine bislang einmalige Vereinbarung zwischen den Tarifparteien im Versicherungsgewerbe, die beispielgebend für alle anderen Tarifbereiche sein koenne.
Um das Jobticket erfolgreich einfuehren zu können, sei eine möglichst hohe Beteiligung der Betroffenen erforderlich. Im speziellen Fall habe der kommunale Verkehrsbetrieb eine Mindestabnahme von 1.800 Tickets vorgegeben. Um das Potential bei den Mitarbeitern zu eruieren, wurde eine verbindliche Befragung gestartet, bei der sich 1.900 Mitarbeiter für die Nutzung eines Job-Tickets ausgesprochen haetten – eine Zahl, die über den Erwartungen gelegen habe. Auf der Basis dieser Befragung habe man sich dann sehr kurzfristig entschlossen, das Job-Ticket tatsaechlich einzufuehren. Aus heutiger Sicht stelle sich dies als einfach dar, in Wirklichkeit habe es aber vieler Anstrengungen bedurft, um dieses Ergebnis zu erreichen. Nach rund einem Jahr sei in einem Rundschreiben eine genaue Aufrechnung der Kosten bzw. Einsparungsmoeglichkeiten bei der Benutzung des Job-Tickets aufgezeigt worden. Danach sei die Zahl der Benutzer auf rund 2.250 angewachsen und liege heute über 2.800. Als oekologischer Vorteil ergebe sich die beachtliche Einsparung von ca. 3.000 Tonnen CO2. Auf Nachfrage raeumt der Referent in der Diskussion ein, dass etwa 1.200 Mitarbeiter schon vor der Einführung des Job-Tickets den oePNV genutzt haetten. Bezueglich der Frage, wie zu Hause gelassene Pkw zwischenzeitlich eingesetzt wuerden, gebe es noch keine Untersuchungen. Es sei aber davon auszugehen, dass die meisten dieser Pkw auf Park and Ride-Parkplaetzen am übergang zu oePNV-Stationen stehengelassen und tagsueber nicht genutzt wuerden.
Auch das Fahrradfahren als oekologisch wie gesundheitlich positiver Form der Fortbewegung werde bei Gerling unterstuetzt. Dies reiche von der Anschaffung von Dienstfahrraedern (mittlerweile zehn Stueck) bis zu verschiedenen Service-Angeboten, die die Nutzung des Fahrrades für den Weg zur Arbeit attraktiver mache. Dazu gehoerten Unterstellmoeglichkeiten für Privatraeder in ausreichender Zahl, die in bewachten Garagen bzw. Kellerraeumen laegen, so dass versicherte Fahrraeder dem Versicherungsschutz gegen Diebstahl oder Beschaedigung unterlaegen. Weiter gebe es die Möglichkeit zu kleineren Reparaturen, bei denen auch die eigenen Haushandwerker behilflich seien. Für dieses Engagement sei man in dem von der Stadt Koeln gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club veranstalteten Wettbewerb „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" gemeinsam mit zwei weiteren Betrieben ausgezeichnet worden. Als weitere Auszeichnung habe man auch das „Goldene Ritzel" des Verbunds der selbstverwalteten Fahrradbetriebe erhalten. Man habe die entsprechenden Massnahmen nicht aus dem Beweggrund eingeleitet, ausgezeichnet werden zu wollen. Hinter den Aktionen stehe vielmehr die Philosophie „Viele kleine Schritte ergeben einen grossen Beitrag zum Umweltschutz".
Möglichkeiten zur Vermeidung von Dienstreisen werden vom Vertreter des Gerling-Konzerns nicht dargestellt. In der hauseigenen Reisestelle werde aber dahingehend Einfluss auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genommen, Dienstreisen nach Möglichkeit mit dem oeffentlichen Personenverkehr durchzufuehren, in erster Linie mit der Bahn. Das Unternehmen habe zu diesem Zweck u.a. acht uebertragbare Jahresnetzkarten der Deutschen Bahn erworben, die sehr intensiv genutzt wuerden. Desweiteren bestehe ein Vertrag mit der Bahn, Einzelfahrkarten im Grosskundenabonnement mit einem Rabatt von 20% zu kaufen. Vielreisende wuerden darüber hinaus mit der Bahncard ausgestattet, die einen Rabatt von 50% ermoegliche. Schliesslich werde allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit geboten, in der ersten Klasse zu reisen, um ihnen Bahnfahren schmackhafter zu machen.
Der Moderator der Fachtagung ergaenzte, dass man bei Gerling nicht nur die Mitarbeiter zu nachhaltiger Mobilitaet animiere, sondern ein anderes Reiseverhalten in den Fuehrungsetagen sozusagen vorlebe. Dies koenne sicher ein interessanter Ansatz auch für Politiker sein, mit ihrem Reise- bzw. Fahrverhalten selbst eine Vorbildfunktion zu uebernehmen.
BSH Bosch und Siemens Hausgeraete
Das Unternehmen BSH Bosch und Siemens Hausgeraete [Fn.20: Das Unternehmen produziert elektrische Hausgeraete, von Kuehlschraenken über Waschmaschinen bis zu Herden. Die Geräte werden weiter unter den Markennamen der ehemals eigenstaendigen Unternehmen Bosch, Siemens, Constructa und Neff vertrieben. Das Unternehmen ist mit einem Jahresumsatz von rund 11 Mrd. DM in Deutschland und Europa Marktfuehrer und weltweit die Nummer vier.] orientiert sich zur nachhaltigen Verbesserung der Mobilitaet an vier generellen Zielsetzungen: Erstens stehe die Reduzierung von Transportvolumen bzw. die Verkehrsvermeidung im Vordergrund. Für den nicht zu vermeidenden Verkehr gelte zweitens die vorrangige Nutzung der Bahn, und erst wo dies nicht möglich sei, wuerden Lkw-Transporte eingesetzt, die man – dies als dritte Leitlinie – so umweltvertraeglich und optimal wie möglich abwickle. Da man keinen eigenen Werkverkehr betreibe, nutze man hier auch die Optimierungspotentiale von Spediteuren. Als vierte Zielsetzung versuche man, verkehrstraegeruebergreifenden Verkehr - im wesentlichen die Kombination Strasse-Schiene - ueberall dort zu verwirklichen, wo es sinnvoll und machbar sei.
Die Reduzierung von Transportvolumen sei in diesem Spektrum sicher die wichtigste Aufgabe, insbesondere wegen der Vermeidung von Emissionen und der Ressourcenschonung. Die Umsetzung geschehe auf ganz verschiedenen Wegen. So versuche man zum einen, die Zulieferer im Umkreis eigener Montagestandorte anzusiedeln. Bei Stahlwerken sei dies naturgemaess kaum realisierbar, in anderen Branchen sei es aber durchaus möglich. Weiter gelte grundsaetzlich das Prinzip, neue Produktionsstaetten dort einzurichten, wo sich auch die Abnehmer befaenden. So sollte etwa Kuehlschraenke für den chinesischen Markt auch in China hergestellt oder Waschmaschinen, die in Spanien verkauft wuerden, auch in Spanien produziert werden. Da man über ein weltweites Netz von 37 Produktionsstaetten verfuege, ergaeben sich entsprechende Potentiale zur Reduzierung der Transportwege.
Weiter wird versucht, eingehende und ausgehende Transporte zu verknuepfen, d.h. dieselben Fahrzeuge bzw. Spediteure und Dienstleister wickeln beide Transportwege ab. Dadurch liessen sich Leerfahrten vemeiden. Das gelte auch bei der Auslieferung der Ware: Zu entsorgende Altgeraete koennten von Fahrzeugen mitgenommen werden, die Neugeraete auslieferten. Dem Handel werde angeboten, die Geräte direkt zum Endkunden zu bringen, so dass die Zwischenlagerung beim Händler und entsprechende Lkw-Fahrten entfielen. Dadurch wuerden nicht zuletzt die Innenstaedte von Verkehr entlastet. Schliesslich werde auch die Auslieferung von Geraeten der verschiedenen BSH-Marken gebuendelt. Das Unternehmen habe nichts dagegen, wenn die Spediteure auch die Hausgeraete fremder Marken mit auslieferten, denn die Geräte seien ja bereits verkauft und Konkurrenzbedenken koennten somit entfallen.
Bei der zweiten Zielsetzung geht es um die Forcierung der Eisenbahn. Die im Laufe der Veranstaltung von verschiedener Seite geaeusserte Kritik an der Bahn wird als ueberzogen eingestuft. Zwar gebe es Maengel, z.B. darin, wie aktiv die Bahn auf potentielle oder tatsaechliche Kunden zukomme. Da warte man meist vergebens. Werde aber der Kunde selbst aktiv, so finde er durchaus kompetente Ansprechpartner. BSH habe positive Erfahrungen hinsichtlich der Bereitschaft zur Kooperation und zur Annahme mitgebrachter Ideen für Problemloesungen gemacht. Beispielsweise wurden mit der Bahn einige Konzepte entwickelt, die es erlauben, zentrale Umschlagspunkte des Unternehmens auch über Nacht zu beliefern. Man hat so gemeinsam erreicht, dass die Gueterwaggons, die am Abend in den Regionallagern der BSH beladen wurden, am naechsten Morgen an den Umladestellen auf Lkw eintreffen. Beim Transport werde zwar nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 30 km/h erzielt. Diese reiche aber für den 48-Stunden-Service des Unternehmens völlig aus.
Um die Bahn wirtschaftlich konkurrenzfaehiger zu machen, wurden zusaetzlich zwischen Produktionsstaetten und Laegern in Nord- und Sueddeutschland Dreiecksverkehre eingerichtet. Gueterwaggons, die z.B. mit Ware vom Werk A im Lager B ankommen, werden dort wieder direkt mit Ware für die Fabrik C beladen usw.. Auf diese Weise können zeitkritische und zeitunabhaengigere Transporte optimal kombiniert werden. Kostenaufwendiges Rangieren und Leerzeiten für die Waggons entfallen, womit die Bahn durchaus wettbewerbsfaehig im Vergleich zu Lastwagen werde. Dies sind Beispiele für Projekte, die auch ohne neue Rahmenbedingungen oder neue Gesetze durchfuehrbar sind. Sie haben ihre Praxisfaehigkeit bewiesen und sind auch uebertragbar. Voraussetzung war lediglich die eigene Entwicklung von Problemloesungen, für deren Umsetzung dann noch die Bahn gewonnen werden musste.
Hinsichtlich unvermeidlicher Lkw-Transporte z.B. von den Umschlagspunkten zu den Einzelhaendlern, Grosshaendlern oder Endkunden wird versucht, die Lkw-Transporte so weit möglich zu optimieren. So verlangt man von allen Spediteuren zwingend, dass nur Fahrzeuge eingesetzt werden, die die neuesten Euronormen erfüllen. Diese Auflage wird schon seit etwa fuenf Jahren mit steigendem Erfolg gemacht. Inzwischen ist eine Quote von etwa 95% erreicht. Die Erfuellung dieser Normen wird im Rahmen eines Qualitaetswettbewerbs honoriert, d.h. die Spediteure, die als erste und zunehmend umweltfreundliche Fahrzeuge einsetzten, erhalten einen Qualitaetsbonus. Die daraus resultierende sehr schnelle Umstellung hat zudem den Vorteil einer höheren Versorgungssicherheit, denn im Falle von Ozonalarm dürfen solche Fahrzeuge ja weiterfahren. In diesem Zusammenhang wird bemaengelt, dass die Euronorm 3 für Lkw noch nicht verabschiedet ist. Solange lediglich Entwuerfe und noch keine gesetzlichen Vorschriften existieren, besteht Rechtsunsicherheit und Produzenten wie Spediteure verschieben Investitionen in den Fahrzeugpark.
Weiter wird versucht, möglichst grosse Fahrzeuge einzusetzen und damit die Belastung der Strassen zu verringern. In einen Jumbo-Lkw passen z.B. 198 Waschmaschinen, in einen Standard-Lkw nur 120; entsprechend fallen weniger Transporte an. Auch wird verlangt und kontrolliert, dass die beauftragten Spediteure ihr Personal im Hinblick auf treibstoffsparende Fahrweise schulten - ein oft unterschaetztes Potential. Die geringeren Kraftstoffkosten der Spediteure können auch bei der verladenden Wirtschaft zu Kostensenkungen führen, und mittelbar profitiert auch die Umwelt durch weniger Emissionen. [Fn.21: Hier muss natuerlich gegengerechnet werden, inwieweit die Weitergabe von Kostenvorteilen zu erhoehter Gueternachfrage und damit letztlich zu insgesamt mehr Emissionen führt - ein klassisches Beispiel für einen sog. Rebound-Effekt.] Zu dieser Strategie gehört auch die Umrüstung von Fahrzeugen auf moderne Treibstofftechniken.
Schliesslich bringt auch die Kombination verschiedener Verkehrstraeger weitere Vorteile. Für Exporte von Deutschland nach England oder Irland gilt z.B. folgende Transportkette: Nach dem Schienen- bzw. Strassentransport von der Endmontage in Sueddeutschland zum Rhein wird das Binnenschiff bis nach Rotterdam genutzt. Von dort geht es mit einem Kuestenmotorschiff nach England bzw. Irland. Ab Hafen erfolgt dann die Zustellung per Lkw. Im Warenaustausch mit Spanien besteht beim Eisenbahntransport das Problem unterschiedlicher Spurbreiten, das ein zusätzliches Umladen erforderlich macht. Hier bleibt aus Kostengruenden nur die Möglichkeit, für Transporte zwischen Deutschland und der spanisch-franzoesischen Grenze in beiden Richtungen die Bahn zu nutzen und für die Transporte in Spanien den Lkw. Für Fernstrecken wird so generell die Bahn und in den Kurz- und Nachlaufstrecken der Lkw eingesetzt. Die Organisation dieser Transporte erfordert entsprechend ausgekluegelte Logistiksysteme und eroeffnet Möglichkeiten einer guten Auslastung der Verkehrstraeger.
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