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Nachhaltige Mobilitaet zwischen oekonomischer und oekologischer Anforderungen

Ausblick: Wie kann der drohende Verkehrsinfarkt verhindert werden?

Mit der verhaeltnismaessig jungen Rolle Deutschlands als in alle Richtungen offenes Transitland, aber auch durch immer neue technische Optionen mit der Tendenz zu weiterer Beschleunigung waechst der ohnehin schon massive Druck zur Lösung operativ dringender Fragen im Verkehrsgeschehen. Genau um diesen gefaehrlich hohen Druck in den Griff zu bekommen, sind strategische Rahmenvorgaben in Richtung Zukunftssicherung unerlaesslich, denn die Mobilitaetskrise ist Folge des strukturellen Wandels, der insbesondere die Grossregionen mit etlichen Millionen Menschen erfasst hat.

Solche Entwicklungen lassen sich nicht kurzfristig auffangen. In der Regel sind Jahrzehnte vonnoeten, zumal es nicht lediglich um eine Anpassung an neue wirtschaftliche oder technische Gegebenheiten geht. Die gesamte Bevoelkerung muss sich neu orientieren, und um die tiefgreifenden Neuerungen sinnvoll verarbeiten zu können, müssen sich viele gesellschaftliche Konventionen ändern. Darin liegen Risiko und Chance zugleich. Angesichts der berechtigten Furcht vor Arbeitsplatzverlust im Zuge eines zunehmend von menschlicher Arbeit abgekoppelten Wirtschaftswachstums, aber auch vor Einschraenkungen der individuellen Mobilitaet werden die Entwicklungsperspektiven von der breiten Mehrheit der Betroffenen weniger als Chance empfunden.

In diesem Zusammenhang spielt auch die verwirrende Heterogenitaet der derzeitigen Leitbilder der verkehrlichen Entwicklung eine Rolle, die nicht zuletzt darauf zurueckzufuehren ist, dass die Diskussion unter wenig operationalen Begriffen wie z.B. Nachhaltigkeit erfolgt, ohne Prioritaeten zu setzen und die zahlreichen Zielaspekte auf ganz unterschiedlichen Ebenen soweit wie möglich zu verbinden. Darum sind auch im Verkehrssektor einerseits die Verfahrensregeln und die Arbeitsteilung zwischen den Verkehrstraegern zu optimieren sowie andererseits die Abstimmung mit anderen Politikbereichen zu verbessern.

Im Grundsatz gilt für die Entwicklung einer nachhaltigen Mobilitaet angesichts des derzeitigen rapiden Strukturwandels das gleiche wie in anderen Bereichen auch: Vor allem die neue Dimension des globalen Wettbewerbs und der Informations- und Kommunikationstechnologien muss besser als bisher berücksichtigt werden. Insbesondere erscheint es notwendig, die ueberregionale Verkehrs- und Wirtschaftspolitik staerker als bisher mit regionalen und mit individuellen staedtischen Entwicklungskonzepten zu harmonisieren. Die Anzahl der Menschen, die in der globalisierten Welt durch Telekommunikation und Verkehrsmittel erreicht werden können, hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten enorm erhöht. Dabei uebertrifft dieses Wachstum bei weitem die technisch ermöglichte Zeitersparnis in jedem einzelnen Kontakt. Die Globalisierung ist also auch in verkehrlicher Hinsicht ein zweischneidiges Schwert - zumal sie noch weiter voranschreitet und in Zukunft durchaus noch groessere Auswirkungen auftreten können.

Hier helfen bewaehrte Antworten lediglich im Sinne der (Rueck-)besinnung auf Grundwerte wie Solidaritaet, Freiheit oder Gerechtigkeit. Bei allen konkreten Ansaetzen zur Gestaltung einer nicht nur technisch veraenderten Ausgangslage spielen neue Akteure, neue Akteursbeziehungen und neue „Ideen„ im Sinne einer nutzenorientierten Einbindung technischer Innovation eine entscheidende Rolle. Insgesamt muss das Denken in vernetzten Zusammenhaengen gefördert werden.

Dabei setzt die Neustrukturierung des Verkehrs nicht nur die Entfaltung oekonomischer Aktivitaeten voraus, sondern bedarf umfangreicher Investitionen in das Humankapital und letztlich eine Änderung der Mentalitaeten. Wer hofft, dass sich alles von selbst regelt, muss auch bereit sein, die Nachteile eines freien Marktgeschehens zu akzeptieren – was einer auf Komfort und Sicherheit bedachten Gesellschaft wie der unseren schwerlich gefallen duerfte.

Will man problematische Entwicklungsverlaeufe vermeiden oder in eine konsensfaehige Richtung umleiten, ist es sicherlich vordringlich, endlich verbindliche Ziele für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung der naechsten Jahre festzulegen. Dabei - und darin sind sich die meisten Beteiligten durchaus einig - dürfen neben oekonomischen und sozialen Faktoren auch ökologische Aspekte nicht laenger aussen vor bleiben.

Mit der Festlegung von Zielen ist es aber wie mit der Technik: Stellt man sie isoliert in den Raum, achtet man nicht auf die Beduerfnisse und die Mitwirkung aller Betroffenen, so sind mangelndes Interesse, Widerstaende oder auch Missbrauch vorprogrammiert. Wird dem notwendigen Dialog und seiner Strukturierung nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet, laufen auch die besten Zielsetzungen Gefahr, nicht verstanden zu werden oder durch andere typische Hemmnisse - wie z.B. Besitzstandsdenken - abgeblockt zu werden. Ohne Moderation, Transparenz und die notwendige Zeit zur Kommunikation und Reife sind schon viele gute Vorschlaege gescheitert.

Insoweit ist jede Haltung unverstaendlich, die es für ueberfluessig ansieht, die oeffentlichkeit rechtzeitig zu beteiligen - zumindest bei Entscheidungen, die für die ganze Gesellschaft und ihr Zusammenleben von grundsaetzlicher Bedeutung sind. Dazu gehoeren zweifellos Investitionsplanungen in Milliardenhoehe im Verkehr, die immer auch unter Beachtung von Umweltzielen vorzunehmen sind. Hier können - z.B. unter Einbeziehung des Internet - heute mit Leichtigkeit Foren geschaffen werden, die eine Beteiligung der (Fach-)oeffentlichkeit sichern, ohne die notwendige Unabhaengigkeit und Entscheidungsgewalt von Administration und Parlament zu gefaehrden. Ohne breite Beteiligung und ohne den darauf beruhenden Paradigmenwechsel wird es auch im Bereich von Mobilitaet und Verkehr nur schwer zu der notwendigen Umorientierung kommen. Dann werden in dem Bemuehen, ein als ineffizient erkanntes Geschehen effizienter zu gestalten, zwar Kapazitaeten freigesetzt. über deren Einsatz wird dann aber meist anhand der alten Denkmuster entschieden.

Das heisst konkret: Frei werdende Kapazitaeten durch effizientere Verkehrsfuehrung, durch effizientere Fahrzeuge etc. werden in Zeiten eines Nachfrageueberhangs auch genutzt. So droht die Verfluessigung des Verkehrs durch Telematik zu noch mehr Verkehr zu führen. So bedingt die Verbesserung von Komfort und Sicherheit, dass sich beispielsweise das Fahrzeuggewicht bei Pkw seit den siebziger Jahren massiv erhöht hat, d.h. entsprechend mehr Rohstoffe und Energie bei der Herstellung und Nutzung der Fahrzeuge verbraucht werden. Und so wird auch der effiziente und im Betrieb preiswerte Drei-Liter-Pkw zur Folge haben, dass noch mehr Haushalte einen Zweit- oder Drittwagen anschaffen. Ein statistisch überhaupt nicht erfasstes Feld ist zudem die Verwendung von immer mehr energieaufwendig hergestellter Elektronik in Fahrzeugen. Auch hier deuten Indizien auf weitere erhebliche Ressourcenbelastungen hin [Fn.22: Vgl. z.B. Grote A. (1997): Im Schatten des Komforts - Boom in der Fahrzeugelektronik belastet die Umwelt. Pro- und Contra-Interview mit F. INDRA und J. MALLEY. c't, 1997 Heft 4.] . Angesichts der grundsaetzlichen oekologischen Nachteile des Verkehrstraegers Lkw schlaegt sich schliesslich auch die aus betriebswirtschaftlicher Sicht positive Effizienzsteigerung durch möglichst hohe Fahrzeugauslastung nicht in systemweiten Umweltentlastungen nieder. Mehr Produkte werden weiter transportiert, und durch zunehmende Strassenbelastung entstehen in Verbindung mit höheren Geschwindigkeiten und Rund-um-die-Uhr-Verkehren erhebliche externe Kosten. Auch mit entsprechenden Logistik-Konzepten - so sinnvoll sie betriebswirtschaftlich sein mögen - werden deshalb in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung keine Einsparungen erzielt.

Dennoch setzen solche Ansaetze, die ein offenes Bekenntnis und vor allem das noetige Engagement zur Nutzung der Bahn beinhalten, auch aus oekologischer Sicht positive Signale - denn in Zeiten, in denen kaum ein Unternehmen auf Transportvermeidung z.B. durch Regionalisierung oder durch die groessere Langlebigkeit von Produkten setzt, ist die Wahl des geringeren oekologischen uebels unter den Verkehrsangeboten von besonderer Bedeutung.

Aber warum spielt systemweite oekoeffizienz keine Rolle? Die Gruende, wenn auch selten offen diskutiert, liegen auf der Hand: Das vielzitierte Beispiel des Alltagsprodukts Joghurtbecher mit seinen über 9.000 Kilometern Transportweg, mit seinem Aluminium-Deckel aus brasilianischem Bauxit, seinem Plastikbecher aus arabischem Erdöl etc. traegt eben nicht nur zu Umweltbelastung und ueberlasteten Strassen bei, sondern auch zu Arbeitsplaetzen und industrieller Wertschoepfung. Systemweite oekoeffizienz erfordert, dass weniger Produkte weniger transportiert werden. Ausserdem muesste intensiv über eine Neuverteilung der freigewordenen Kapazitaeten bei Arbeit und Kapital nachgedacht werden - mit anschliessender Umsetzung entsprechender Massnahmen. Gerade dies scheint sich in Zeiten realer Verunsicherung durch hohe Komplexitaet und raschen technologischen Wandel fast von selbst zu verbieten. Um in einem verkehrlichen Bild zu bleiben: Jeder, der unter grossem Druck steht voranzukommen, tut sich schwer, einen zwar zeitweilig stotternden und stinkenden, jedoch laufenden Motor abzuschalten und auszusteigen, um sich einer systematischen Neukonstruktion mit ungewissem Ausgang zu widmen.

Für die von den unterschiedlichsten Seiten beklagte Enge auf unseren Strassen ist letztlich allerdings weniger der Gueterverkehr als vielmehr der motorisierte Individualverkehr ursaechlich. Hier ist es in der Tat schwierig, den Bewegungsdrang des Einzelnen auf demokratischen Wegen in vertraeglichere Bahnen zu lenken. Wichtige Akteure haben daran kein Interesse: So wird der wachsende Bestand an Pkw von der Automobilindustrie natuerlich nicht beklagt, obwohl sich in dieser Branche auch mit umfassenden Mobilitaetsdienstleistungen - und dabei sogar durch Verkehrsvermeidung und damit erzielte Zeitgewinne und Kosteneinsparungen - Geld verdienen liesse. Eine höhere Beweglichkeit im Berufsleben und in der Freizeit scheint aber nur mit schnelleren und komfortableren Autos möglich zu sein. Eine aus dieser verengten Perspektive durchaus konsequente Werbekampagne von Audi für einen Sportwagen („Ziehen Sie aufs Land, da haben Sie es weiter in die Stadt") konterkariert nicht nur die für eine nachhaltige Entwicklung unerlaesslichen Bemuehungen um eine Verringerung des Flaechenfrasses [Fn.23: Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes waere bei einem Fortschreiten des derzeitigen Flaechenverbrauchs von über 100 Hektar taeglich die Bundesrepublik in weniger als 80 Jahren vollstaendig zugebaut. Vgl. den Bericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" der 13. Legislaturperiode.] , sondern geraet auch angesichts der ueberlasteten Verkehrswege, die allenfalls den Stau als Erlebnis ermöglichen, zur Farce. Dennoch rechnet sich die Strategie durch eine gewissermassen perverse Umkehrung des Geschehens: Gerade weil der ungebrochen vorhandene Spass am Fahren im Berufsverkehr nicht mehr ausgelebt werden kann, steigt der Bedarf nach erlebnisorientierten Zweit- bzw. Drittfahrzeugen, den sich ein wachsender Personenkreis auch erfüllt - sei es, um die Autos in der Freizeit zu nutzen, oder sei es nur, um sie als Option oder Statussymbol in der Garage zu haben.

Solche Leitbilder sind aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung deshalb besonders problematisch, weil sie sich zunehmend global ausbreiten. Die Entwicklung des Fahrzeugbestandes folgt denn auch mit einer gewissen Verzoegerung der explosiven Entwicklung der Weltbevoelkerung. Diese Tatsache allerdings wird von der Industrie weniger als ökologische Bedrohung, sondern vielmehr als oekonomische Herausforderung begriffen, und oekologie ist dabei in den Koepfen der Automanager keineswegs eine unverzichtbare Voraussetzung für Langfristoekonomie. Auf dem Cover des Volkswagen-Magazins vom August 1999 zum Engagement von VW in China wird diese Problematik auf den Punkt gebracht. Dort wird die herausfordernde Frage gestellt: Wie motorisiert man 1,3 Milliarden Menschen? Die Antwort - auch intern - lautet keineswegs: „Der Verbrennungsmotor darf nur noch als Auslaufmodell gesehen werden" oder gar „Unsere heutigen Produkte sind ungeeignet für dieses Ziel".

Der unstrittigen Tatsache, dass das Weltklima keine Motorisierung verkraften kann, bei der auch nur jeder zehnte Chinese oder Inder in absehbarer Zeit ein Auto heutiger Bauart fährt (es ist bereits den heutigen Zustaenden nicht gewachsen), begegnet die Industrie gebetsmuehlenartig entweder mit dem lapidaren Hinweis auf internationalen Wettbewerb, oder es wird auf die Drei-Liter-Technik und die in der Entwicklung befindlichen alternativen Antriebe hingewiesen. Wieviele Fahrzeuge mit 3 Litern Verbrauch werden aber fahren? Wann liegen endlich verwertbare Daten zu oekologischen und sozialen Folgen einer breiten Einführung von - verkehrs-, antriebs-, mobilitaetsbezogenen - Alternativen vor? Und waere man dann bereit, den Maerkten in China, Russland etc. diese neueste Technologie zur Verfuegung zu stellen, oder hofft man auf den Verkauf etwas aelterer Automodelle, Produktionsanlagen und -verfahren? Den Akteuren in der Wirtschaft jedenfalls kommt es offenbar vorrangig auf eins an: „the biggest bang for the buck" oder - wohlformuliert - „den groesstmoeglichen Erfolg auf den Weltmaerkten und für die eingesetzten Ressourcen zu erreichen." [Fn.24: aus dem Leitbild der Nachhaltigkeit in den Unter nehmensrichtlinien, dem sog. Grundverstaendnis von VW.]

Kennzeichnend für eine solche Einstellung ist auch die Diskussion um die Reichweite der Vorraete an fossilen Energierohstoffen: Diese ist in der Tat für die naechsten fuenfzig Jahre gesichert und stellt eigentlich überhaupt kein Problem mehr dar, denn zu Öl und Gas gesellen sich die um Zehnerpotenzen groesseren Vorraete an Methan(-hydraten) in Kontinentalschelfen und Permafrostboeden Sibiriens und der Arktis, die mit wenigen technischen Modifikationen ebenfalls zur Energiegewinnung und zur Erfuellung unserer Mobilitaetsbeduerfnisse genutzt werden können.

Wird aber weiter auf die Verbrennung fossiler Energierohstoffe gesetzt, bleibt das Problem der CO2-Emissionen bestehen. Dieses Problem ist mit End-of-Pipe-Technik nicht loesbar, und grosstechnische Visionen, nach denen mittels gewaltiger Pumpensysteme Kohlendioxid in genuegende Meerestiefen entsorgt und ggf. in einer Art Kreislauf das an den Kontinentalraendern vorkommende Methanhydrat als Erdoelersatz gefördert wird, sind vorlaeufig mit aehnlicher Skepsis zu betrachten wie etwa die Energiegewinnung durch Kernfusion, die seit mehreren Jahrzehnten Unmengen an Forschungsgeldern benötigt und trotz gewaltiger Fortschritte immer noch beliebig weit von einer kommerziellen Anwendung entfernt ist - von den moeglichen Risiken ganz zu schweigen.

Man kann natuerlich auf die Stunde der Ingenieure hoffen, wie es der Vertreter des Wissenschaftszentrums Berlin in seinem Statement so treffend formuliert hat. Sinnvoller waere es aber, die Folgen des Umganges mit Technik besser zu berücksichtigen und statt simpler Technikzentrierung Funktionalitaet in globaler Perspektive in den Vordergrund der Mobilitaetsdiskussion zu stellen - unter Einbeziehung der oekologischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit. Ob sich allerdings - wie der WZB-Mitartbeiter befuerchtet - nur die Alternative „Niedergang des oePNV" oder aber ein geaendertes Demokratie- bzw. Gesellschaftsverstaendnis als Grundlage für eine aktive Umgestaltung bietet, mag bezweifelt werden: So wie der Drang der Menschen zur Individualisierung und gesellschaftlichen Fragmentierung Veraenderungen des Verkehrsangebots mit sich bringt, so hat umgekehrt das Verkehrsangebot eine wichtige Funktion in der Bewahrung der mit diesen Trends in Frage gestellten Grundwerte wie Solidaritaet, Freiheit und Gerechtigkeit. Hier ist vor allem die Wirtschaftspolitik gefordert, die angesichts des Trends zur Liberalisierung und Privatisierung nicht immer leichte Balance mit der notwendigen Stuetzung oeffentlicher Angebote zu wahren, die als Bestandteil der Daseinsvorsorge, aber auch angesichts der fehlenden Kostenwahrheit im Verkehr weitgehend nicht rentabel bereitgestellt werden können.

Soweit zu den Visionen. Aber Handeln tut auch jetzt schon not, denn die Akteure des Mobilitaetsgeschehens - Verkehrsteilnehmer ebenso wie traditionelle Verkehrsbetriebe, neue Verkehrsdienstleister und Verkehrsmittel- sowie Telematikproduzenten - müssen taeglich Entscheidungen treffen, deren Wirkung auf das dauerhafte Wohlergehen von Mensch und Natur nur unvollkommen abgeschaetzt werden kann. Als Leitlinie bleibt in erster Instanz wenig anderes übrig, als sich bei möglichst vielen Gelegenheiten die Frage zu stellen: Wie können Verkehrsmittel so eingesetzt werden, dass sich die Lebensumstaende nachhaltig verbessern? Bei sind vor allem folgende Anforderungen zu erfüllen:

  • oeffentlicher Wettbewerb und Transparenz sind notwendige Voraussetzungen für eine Evaluierung innovativer Mobilitaetskonzepte. Beides sollte gestaerkt werden. Entsprechende Mobilitaetsprojekte müssen u.a. daran gemessen werden, inwieweit sie Impulse geben, durch die selbsttragende Entwicklungen generiert werden.
  • Auf regionaler Ebene müssen Massnahmen ergriffen werden, die einerseits die besonderen Potentiale der Region zur Geltung bringen und andererseits die Vernetzung und Kommunikation der lokalen Akteure und Institutionen staerken.

  • Die Grenzen sektoraler Politikansaetze müssen ueberschritten werden. Die Optimierung einzelner Sektoren - z.B. durch spezifische Foerderprogramme - erscheint wenig erfolgversprechend. Von besonderer Bedeutung ist stattdessen, integrative Elemente in der staatlichen und europaeischen Foerderpolitik zu etablieren. Die von der Bundesregierung vorgenommene Zusammenlegung der zuvor eigenstaendigen Ministerien für Verkehr und für Raumordnung, Bauwesen und Staedtebau kann hier positiv wirken. Letztlich bleibt aber entscheidend, dass entsprechend abgestimmte programmatische Entscheidungen getroffen werden.

  • Es müssen endlich verbindliche Grundlagen für eine Abschaetzung der Umweltvertraeglichkeit verschiedener Verkehrsalternativen in den Planungsverfahren verankert werden. Darueber hinaus müssen bessere Indikatoren zur Veranschaulichung von Querschnittsbeziehungen - z.B. zwischen verschiedenen Politikbereichen - entwickelt werden. Dazu gehört auch eine Verbesserung der Folgenabschaetzung von verkehrspolitischen Entscheidungen auf andere Politiksektoren und umgekehrt.

  • Mittelfristig muss eine Beruecksichtigung der externen Kosten im Verkehr erreicht werden. Hierher gehoeren die Kosten von Umweltbeeintraechtigungen ebenso wie spezifische Anteile des Gesundheitssystems. Dafür sind als erste Schritte Massnahmen wie die von der Bundesregierung angestrebte Einführung einer Strassenbenutzungsgebuehr für Lkw auch angesichts der internationalen Konkurrenz hilfreich. Hinzu kommen muss aber die Einbindung solcher Massnahmen in ein Gesamtkonzept.
  • Die Zeit draengt. Nachhaltige Mobilitaet darf nicht laenger nur ein Schlagwort bleiben. Woran es nach wie vor besonders mangelt, ist eine auch von der Bundesregierung beabsichtigte bessere Arbeitsteilung und Vernetzung der Verkehrstraeger sowie von Fachdisziplinen und Entscheidungsstrukturen. Es gilt, durch geeignete Rahmenbedingungen, durch ein modernes Verkehrsmanagement und durch zukunftsfaehige Verkehrstechniken sicherzustellen, dass mit weniger Verkehr mehr Mobilitaet gewaehrleistet wird. Dabei sind oekonomische, ökologische und soziale Kriterien gleichrangig zu berücksichtigen. Eine solche Forderung kommt keineswegs der Quadratur des Kreises gleich. Vielmehr ist sie real umsetzbar. Das belegen auch die im Rahmen der Fachkonferenz diskutierten Leitlinien und Fallbeispiele. Hierfür muss die Politik durch Verbesserungen der Rahmenbedingungen die Weichen stellen. Dazu gehört auch eine gezielte Foerderung der nachhaltigen Mobilitaet. Die vorhandenen Potentiale sind gross. Alle Akteure sind aufgerufen, sie zum Wohl von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft auszuschoepfen.

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