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Gesamtwirtschaftliche Bewertung des Rapsanbaus
zur Biodieselproduktion in Deutschland
Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Effekte der Produktionskette von Biodiesel
Raps von Stilllegungsflaechen ist für inlaendische Biodieselproduktion nicht mehr ausreichend
Transporte und Handelsdienstleistungen sind nur naeherungsweise zu erfassen
Preisszenarien für Rapsöl
Rapserzeugung traegt zur Einsparung von Interventionskosten für Getreide bei
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Seit 1993 wird in Deutschland Biodiesel für die Vermarktung hergestellt. Der dazu verwendete
Rohstoff ist Rapsöl, das in einem chemischen Prozess umgeestert wird. aehnlich wie andere
nachwachsende Rohstoffe profitierten die Initiativen zum Anbau von Nawaro1-Raps für
die Biodieselherstellung und zum Aufbau dieses Wirtschaftszweiges von einer staatlichen
Foerderung. Gegenwaertig gibt es in Deutschland Umesterungsanlagen mit einer Verarbeitungskapazitaet
von 533 000 Tonnen Öl. Darueber hinaus sind Anlagen mit einer zusaetzlichen
Kapazitaet von 390 000 Tonnen im Bau. Mit der inlaendischen Biodieselerzeugung des Jahres
2001 konnten etwa 450 bis 500 Mill.
Liter fossilen Diesels, der importiert oder aus importiertem
Rohöl hergestellt werden muss, ersetzt werden. Gleichzeitig fiel als Kuppelprodukt
Glycerin an, das zum ueberwiegenden Teil als destilliertes Glycerin, d.h. in Pharmaqualitaet,
vermarktet wird. Die für die Biodieselherstellung zusaetzlich erzeugten Rapssaaten haben nicht
nur das Auftragsvolumen der oelmuehlen vergroessert, sondern über den Anfall von Rapsschrot,
einem hochwertigen Eiweissfuttermittel, gut 450 000 Tonnen einzufuehrenden Sojaschrotes
verdraengt. Die der Produktionskette Raps – Biodiesel zuzurechnende Wertschoepfung schafft
Einkommen und damit Konsumnachfrage. Die notwendigen Investitionen in Verarbeitungskapazitaeten
und Logistik ihrerseits haben eine Nachfrage nach Investitionsguetern induziert. Die
volkswirtschaftliche Leistung dieser Produktionskette Raps – Biodiesel schafft damit direkt
wie auch indirekt zusaetzliche Steuereinnahmen. Diese sind den bisher entstehenden Steuermindereinnahmen
infolge der in Deutschland praktizierten Nichtbesteuerung von Biokraftstoffen
gegenueberzustellen und bei einer gesamtwirtschaftlichen Bewertung der Aktivitaet
Biodiesel mit zu berücksichtigen. Fasst man die Steuerrueckfluesse und zusaetzliche Sozialversicherungseinnahmen
zusammen, so belaufen sich die »kompensierenden Leistungen« der
Produktionskette Raps – Biodiesel auf 73 bzw. 83% der staatlichen Mindereinnahmen.
Die europaeische Politik wendet
sich den Biokraftstoffen zu
Angesichts der starken Abhängigkeit der
europaeischen Energiewirtschaft vom Rohöl
als vorrangigem Energieträger und der
im Kyoto-Protokoll vereinbarten Ziele zur
Reduktion des Ausstosses von Treibhausgasen
hat die EU-Kommission Plaene zur
Foerderung alternativer Energien entwickelt.
Nachdem für die Herstellung und
den Einsatz von Biokraftstoffen bereits
ausgereifte und praxiserprobte Technologien
zur Verfuegung stehen, setzt die Kommission
für die Erreichung ihrer Ziele kurzbis
mittelfristig vorrangig auf Massnahmen
zur Foerderung von Biokraftstoffen. Mit
mittel- bis laengerfristiger Perspektive sollen
im Verkehrssektor zusaetzlich alternative
Antriebstechniken mit Erdgas und
Wasserstoff (in Brennstoffzellen) zum Einsatz
kommen.
In einem Aktionsplan stellt die Kommission
dazu eine Strategie vor, mit der bis
zum Jahr 2020 eine 20%ige Substitution
herkoemmlicher Kraftstoffe erreicht werden
soll. Als ersten Schritt sieht ein entsprechender
Richtlinienvorschlag die
Festlegung eines Mindestanteils an allen
verkauften Kraftstoffen vor, der ab 2005
2% betragen und bis zum Jahr 2010 auf
5,75% steigen soll. Ein weiterer Richtlinienentwurf
zielt darauf ab, den Mitgliedstaaten
die Einführung eines ermaessigten
Verbrauchsteuersatzes auf reine oder zugesetzte
Biokraft- und -heizstoffe zu ermöglichen,
der bis auf 50% des Steuersatzes
auf mineralische Kraftstoffe abgesenkt
werden kann. Für reine Biokraftstoffe,
die im oeffentlichen Nahverkehr (einschliesslich
Taxis) eingesetzt werden, können
die Mitgliedstaaten entsprechend
dem Vorschlag einen darüber hinausgehend
ermaessigten Steuersatz bis hin zur
Steuerbefreiung anwenden.
Für Laender wie Deutschland, die Biokraftstoffe
bisher von einer Besteuerung
ausgenommen hatten, soll ein ueberzur gangszeitraum bis Ende 2003 gelten, in dem sich die Wirtschaft
auf die neuen Gegebenheiten einstellen kann. Es
besteht allerdings die Möglichkeit, dass betreffende Staaten
Besitzstand geltend machen und nach einem Verfahren,
das in der Mineralölsteuerrichtlinie vorgesehen ist, beim Rat
der EU eine laengerfristige/dauerhafte Fortfuehrung der Verbrauchsteuerbefreiung
beantragen können.
Der Vorschlag einer verminderten Besteuerung von Biokraftstoffen
hat in der deutschen Fachoeffentlichkeit für nicht
geringe Unruhe gesorgt, zumal Befuerchtungen auf der Hand
liegen, dass der deutsche Finanzminister die Gunst der Stunde
nutzen könnte und unter Berufung auf die EU-weite Regelung
eine Besteuerung für Biokraftstoffe einfuehren wuerde.
Betroffen waeren die Hersteller von Biodiesel, in der Fachsprache
Rapsmethylester (RME) bzw. Fatty Acid Methyl Ester
(FAME) sowie deren gesamte Vertriebskette. Sie befuerchten,
dass anders als in Laendern, in denen Biokraftstoffe
dem fossilen Kraftstoff in einem bestimmten Anteil beigemischt
werden, der Absatz von reinem Biodiesel bei einer
50%igen Besteuerung gegenüber fossilem Diesel nicht mehr
konkurrenzfaehig ist. Notwendige Preiskorrekturen nach unten
wuerden die Wirtschaftlichkeit der gesamtem Produktions-
und Vermarktungskette, beginnend mit der Rohstoffproduktion
bis hin zur Tankstelle in Frage stellen.
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