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Biokraftstoff - Pflanzen
Rohstoffe
Produkte
Pflanzenöl
Pflanzenöle sind nicht nur Ausgangsstoff
für die Biodiesel-Produktion, sondern
können auch in nativer, also unveraenderter
Form in speziell umgeruesteten
Dieselmotoren eingesetzt werden. Schon
Rudolf Diesel, der Erfinder des Dieselmotors,
wusste es: Reines Pflanzenöl, mit
dem wir unseren Salat zubereiten, eignet
sich auch als Kraftstoff für Dieselmotoren.
Rohstoffe
Diesel experimentierte mit Erdnussoel,
doch sind es heute einheimische oelpflanzen,
die als Kraftstofflieferanten genutzt werden.
Aus klimatischen Gruenden lässt
sich Raps hierzulande am kostenguenstigsten
anbauen und verwerten. Auch
Sonnenblumen kommen in Frage, ihr Öl ist in der Produktion jedoch deutlich teurer.
Weltweit weisen auch Soja-, Palm- und
Olivenoel betraechtliche Potenziale auf.
Herstellung
Grundsaetzlich gibt es zwei Herstellungsverfahren
für Pflanzenöl: Die industrielle
oder dezentrale Kaltpressung, die oft
direkt in landwirtschaftlichen Betrieben
oder Genossenschaften stattfindet, und die
zentrale Herstellung durch Raffination
in industriellen Grossanlagen. Bei der Kaltpressung
wird die gereinigte oelsaat ausschliesslich
durch mechanischen Druck bei
Temperaturen von maximal 40 oC ausgepresst,
Schwebstoffe werden durch Filtration
oder Sedimentation entfernt. Neben
dem Öl bleibt der Presskuchen mit einem
Restoelgehalt von mehr als zehn Prozent
übrig, der als eiweissreiches Tierfutter genutzt
wird.
Bei der zentralen oelgewinnung werden
die oelsaaten nach einer Vorbehandlung
bei höheren Temperaturen ausgepresst.
Aus dem verbleibenden oelpresskuchen
wird das restliche Öl mit Loesemitteln bei
Temperaturen bis 80 oC herausgeloest, übrig
bleibt so genanntes Extraktionsschrot,
das ebenfalls als Tierfutter zum Einsatz
kommt. Die Loesemittel werden anschliessend
durch Verdampfen vom Öl abgetrennt.
Nach diesen Verfahrensschritten
enthaelt das Öl mehr unerwuenschte Begleitstoffe
als bei der Kaltpressung, die
anschliessend durch Raffination entfernt
werden. Endprodukt ist schliesslich ein
auch als Vollraffinat bezeichnetes Öl in
Speiseoelqualitaet.
Kraftstoffeigenschaften und
-qualitaet
Reines Pflanzenöl hat bestimmte Eigenschaften,
die es von Dieselkraftstoff unterscheiden
und seinen Einsatz im Verbrennungsmotor
nur nach Anpassungsmassnahmen
ermöglichen. Die Viskosität von
Pflanzenöl ist vor allem bei niedrigen
Temperaturen bis zu zehn mal höher als die
von fossilem Diesel, was bei herkoemmlichen
Motoren zu technischen Herausforderungen
insbesondere beim Winterbetrieb
und beim Kaltstart des Motors
führt. Der Flammpunkt liegt mit rund
240 oC deutlich höher als der von normalem
Diesel, Pflanzenöl ist deshalb bei Lagerung
und Transport besonders sicher, einfach handhabbar und in keine Gefaehrdungsklasse
der Verordnung über brennbare
Flüssigkeiten eingestuft.
Entscheidend für einen stoerungsfreien
Betrieb ist die Qualität des Pflanzenöls.
Um die Qualität von Rapsöl zu definieren,
hat die Bayerische Landesanstalt für Landtechnik
Weihenstephan im Jahr 2000 den
so genannten RK-Qualitätsstandard 5/2000
für Rapsöl als Kraftstoff veroeffentlicht.
Der RK-Standard soll zu einer gesetzlichen
Norm weiterentwickelt werden, wird aber
schon heute von vielen Akteuren in der
Pflanzenoelbranche anerkannt.
Umrüstung
Bevor unveraendertes Pflanzenöl als Kraftstoff
genutzt wird, muss der Motor an den
Kraftstoff angepasst werden, um den
Viskositaets- und Verbrennungseigenschaften
der Pflanzenöle gerecht zu werden.
Mehrere Anbieter in Deutschland haben
dafuer verschiedene Umruestkonzepte entwickelt.
Sie sorgen entweder für die Vorwaermung
von Kraftstoff und Einspritzsystemen
oder verfuegen über ein so genanntes
„2-Tank-System“, bei dem der Motor mit
Diesel startet und erst bei Betriebstemperatur
auf Pflanzenoelbetrieb umschaltet. Die verschiedenen, in der Praxis inzwischen
genutzten Umruestverfahren kosten
je nach Motortyp zwischen gut Ein- und
mehreren Tausend Euro, eine Garantie
auf die Veraenderungen am Motor wird
nicht immer gewaehrt. Gut erprobt sind
insbesondere Anpassungen von älteren
Vorkammer-Diesel-Motoren, wärend in
modernen Common-Rail- oder Pumpe-
Düse-Systemen nicht alle Probleme als
restlos geloest angesehen werden können.
Zudem erfordert der Eintrag von Pflanzenöl
in das Motoröl häufig deutlich
verkuerzte oelwechselintervalle. In nicht
angepassten Motoren sollte Pflanzenöl
weder in Reinform noch in Mischungen
mit Diesel zum Einsatz kommen, da seine
Verbrennungseigenschaften zu stark
von denen des Dieselkraftstoffs abweichen
und Schäden an den Einspritzsystemen
sowie durch Ablagerungen im Motor nicht
auszuschliessen sind.
Verbreitung
Pflanzenöl gilt momentan noch als Nischenanwendung.
Aufgrund des geringen
Marktanteils ist die Infrastruktur wenig
ausgepraegt, das Netz oeffentlicher Pflanzenöltankstellen
in Deutschland besteht
aus knapp 150 Stationen. Viele Pflanzenoelnutzer
verwenden deshalb einen eigenen
Vorratstank. Die reinen Kraftstoffkosten
liegen deutlich unter denen von Diesel, da
jedoch zusaetzlich die Kosten für die
Umrüstung und haeufigere oelwechsel
anfallen, rechnet sich das „Fahren mit
Salatoel“ wirtschaftlich etwa ab 100.000
gefahrenen Kilometern. Die Entwicklung und Serienfertigung von
Pflanzenoeltauglichen Motoren durch die
Automobilindustrie ist in naher Zukunft
nicht zu erwarten. Die Markteinfuehrung
von Pflanzenöl als Kraftstoff in der Landwirtschaft
wird ab 2005 durch ein Foerderprogramm
des Bundesverbraucherschutzministeriums
unterstuetzt.
Umweltaspekte
Aufgrund des relativ einfachen, energetisch
wenig aufwaendigen Herstellungsprinzips
hat reines Pflanzenöl eine deutlich
positive Energiebilanz. Damit weist
Pflanzenöl als Kraftstoff auch erhebliche
CO2-Einspareffekte auf. Zudem ist Pflanzenöl
in Boeden und Gewaessern in kurzer Zeit biologisch abbaubar und dementsprechend
nach deutscher Gesetzgebung in
keine Wassergefährdungsklasse eingestuft.
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