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Pflanzenöl als alternativer Kraftstoff für Dieselmotoren?

Steigende Kraftstoffpreise führen zwangsläufig zu Diskussionen über alternative Kraftstoffe. Insbesondere die Verwendung von Pflanzenöl für Dieselmotoren findet derzeit wieder grosses Interesse.
Der Schutz der Umwelt als Staatsziel wurde bereits am 27. Oktober 1994 in der Verfassung (Art. 20a GG) festgeschrieben. Eines der grössten Umweltprobleme ist dabei das Treibhausgas CO2, das hauptsaechlich bei der Verbrennung von Erdoel und Kohle entsteht und für die Klimaveraenderung verantwortlich ist. Der Ersatz dieser Energiequellen zur Reduzierung der CO2-Emissionen durch nachwachsende Rohstoffe findet daher mehr und mehr Anklang.

Verwendung von Pflanzenölen in Dieselmotoren

Prinzipiell eignet sich für die Verbrennung in Dieselmotoren jedes saubere, partikelfreie und flüssige Pflanzenöl – am bekanntesten ist Rapsöl. Pflanzenöl hat viele Vorteile: So ist es u.a. schwefelfrei„CO2-neutral“ und natuerlich von der Mineraloel- bzw. oekosteuer nicht betroffen. Kann Pflanzenöl als Alternativkraftstoff empfohlen werden?
Das groesste Problem stellt der grosse Viskositaetsunterschied im Vergleich zu herkoemmlichem Diesel bzw. Rapsoelmethylester (RME) dar. So hat z.B. das haeufig angebotene Rapsöl bei 20 °C eine kinematische Viskosität von 75 mm2/s, RME und Diesel dagegen nur 6,5 - 9 bzw. 4,7 mm2/s (ca. Werte).
Bei 80 °C zeigt das Rapsöl immer noch eine Viskosität von ca. 10 mm2/s.
Um das „zaehfluessige“ Pflanzenöl somit ueberhaupt als Kraftstoff verwenden zu können, muss es fliessund zuendfaehiger gemacht werden. Oder es erfolgt eine Anpassung des Motors an den Kraftstoff.

1. Kraftstoffanpassung

Durch eine chemische Veraenderung (Umrüstung) des Pflanzenoels. Dies hat eine Senkung der Viskosität und des Flammpunktes zur Erhöhung der Zuendwilligkeit als Ziel. Am bekanntesten ist hier der aus Rapsöl gewonnene Rapsoelmethylester (RME), der in Deutschland auch unter dem Namen „Biodiesel“ vertrieben wird.

2. Motoranpassung

durch technische Umbauten am Fahrzeug. Technische Änderungen an Einspritzpumpe und -düsen, den Kraftstoffleitungen und am Verbrennungsraum sollen das Pflanzenöl fliess- und zündfaehiger machen. Zum Teil muss für den Startvorgang weiterhin normaler Diesel verwendet werden.

Motor-Umrüstung

Bei älteren Dieselmotoren ( Vor- und Wirbelkammermotoren mit indirekter Einspritzung) lässt sich am einfachsten das Ein-Tank-System anwenden. Dabei wird der Motor direkt mit Pflanzenöl gestartet.
Hierfür ist jedoch eine Erwärmung des Pflanzenöls erforderlich. Dies erfolgt meist mit der Kombination von einem Plattenwärmetauscher, der am Öl- oder Kühlkreislauf angeschlossen wird, und einer elektrischen Kraftstoffvorwaermung. Der Elektro-Erhitzer ist dabei hinter dem Plattenwärmetauscher installiert. Er regelt die Temperatur und schaltet automatisch ab, sobald der Plattenwärmetauscher ausreichend Wärme an das Pflanzenöl abgibt.
Bei moderneren Dieselmotoren mit direkter Einspritzung (Pumpe-Düse und Common-Rail) dagegen wird ein Zwei-Tank-System erforderlich, da diese nicht mit kaltem Pflanzenöl gestartet werden können.
Nach dem Motorstart mit normalem Diesel wird bei Erreichen der Betriebstemperatur die Kraftstoffzufuhr automatisch oder manuell auf Pflanzenöl umgestellt. Da der Neustart des Fahrzeuges stets nur mit Diesel möglich ist, muss auch einige Minuten vor dem Abstellen des Motors wieder auf Dieselbetrieb umgestellt werden bzw. es ist eine Kraftstoffzusatzpumpe erforderlich, die die Kraftstoffleitungen nach Abstellen des Motors automatisch durchspuelt. Der Zusatztank muss auf jeden Fall TÜV-geprüft sein. Und da durch den Umbau die Betriebserlaubnis erlischt, ist anschliessend eine TÜV Abnahme des ganzen Fahrzeugs erforderlich.

Zu beachten sind weiterhin folgende Punkte:

  • Bedingt durch die hoehere Siedetemperatur von Pflanzenöl und die schlechtere Einspritzung in kaltem Zustand kann es zu einer Motoroelverduennung kommen. Die vom Hersteller vorgeschriebenen Intervalle für den oelwechsel sollten daher auf jeden Fall eingehalten oder sogar verkuerzt werden.
    Ferner sollte nur qualitativ hochwertiges Motoroel verwendet werden.
  • Durch die im Vergleich zu Diesel unterschiedlichen chemischen Eigenschaften des Pflanzenoels können sich Ablagerungen aus dem Tank lösen. Kuerzere Intervalle zum Wechsel des Kraftstofffilters sind anzuraten. Empfehlenswert ist auch der Einsatz eines neuen Kraftstofffilters vor der erstmaligen Verwendung von Pflanzenöl.
  • Um Startprobleme zu vermeiden, sollte die Vorgluehanlage in einwandfreiem Zustand sein. Ggf. sollten neue Gluehkerzen verwendet und diese regelmaessig ueberprueft werden.
  • Auf Grund der erhoehten Brandgefahr darf der verwendete Kraftstoff bzw. das Kraftstoffgemisch nieueber den Flammpunkt erhitzt werden. Sollte man aus bestimmten Gruenden (z.B. Fahrt ins Ausland) das Fahrzeug mit mineralischem Diesel betreiben, sollte die Möglichkeit gegeben sein, den Waermetauscher manuell abzuschalten.
  • Zur Verduennung des Pflanzenoels empfiehlt sich vor allem im Winter die Zumischung von Diesel oder RME. Bei Temperaturen unter -5 °C sollte bei laengeren Standzeiten ca. 5 % Diesel oder RME beigemischt werden. Dies beeinflusst das Startverhalten und den Stockpunkt positiv.
    Die Umrüstung von Dieselfahrzeugen zum Betrieb mit Pflanzenöl wird von mehreren Firmen angeboten (siehe Tabelle). Die Kosten liegen - je nach Umfang - zwischen ca. 1.500 und 3.500 Euro. Erfahrungen bezueglich Qualität und Betriebssicherheit liegen uns nicht vor.
    Vor dem Umbau sollte jeder potentielle Interessent daran denken, dass die Verwendung von Pflanzenöl als Kraftstoff sowie der damit verbundene technische Umbau grundsaetzlich von keinem Automobilhersteller freigegeben ist und somit zum Verlust von Garantie- bzw. Kulanzanspruechen führt. Man sollte daher im Vorfeld klaeren, ob die Umruestfirma in diesem Fall eigene Garantieleistungen anbietet, und deren Umfang pruefen.
    Nachfolgend eine uebersicht der Anbieter von Umruestsaetzen für Pkw (ohne Anspruch auf Vollstaendigkeit,
    Stand 05/2005).

Ökologische und Ökonomische Betrachtung

Auf der Seite der Befürworter für Pflanzenöl als alternativer Kraftstoff für Dieselmotoren findet man vor allem den Bereich Produktion und Vertrieb sowie entsprechende Organisationen. Umweltexperten, allen voran das Umweltbundesamt UBA, kommen dagegen eher zu kritischen Bewertungen, insbesondere hinsichtlich der oekobilanz.
Zwei vom UBA in Auftrag gegebene Gutachten (Heidelberger ifeu-Instituts und Lehrstuhl für Finanzwissenschaft der Ruhr-Universitaet Bochum) zeigen, dass der Einsatz von Rapsöl in Dieselmotoren aus Sicht des Umweltschutzes keine entscheidenden Vorteile gegenueber der Verwendung von Dieselkraftstoff hat. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht wird der Einsatz von Rapsöl als nicht sinnvoll angesehen. Vorteile von Rapsöl/RME aus oekologischer Sicht sind insbesondere die Möglichkeit der CO2-Minderung und der Ressourcenschonung. Besonders hervorgehoben wird im allgemeinen der Vorteil der weitgehenden „CO2-Neutralitaet“. Man geht dabei davon aus, dass bei der Verbrennung von Rapsöl nur so viel klimaschaedliches Kohlendioxid (CO2) entsteht, wie die Rapspflanzen beim Wachstum der Atmosphaere entziehen und es sich somit im Prinzip um einen geschlossenen Kreislauf handelt. Bezogen auf die gesamte Energiekette liegt der spezifische CO2-Vorteil von Rapsöl/RME gegenueber Dieselkraftstoff– je nach energetischer Nutzung der Nebenprodukte – bei 30-80 % pro Kilogramm Treibstoff.
Da jedoch selbst bei vollstaendiger Ausschoepfung der von der EU eingeraeumten Anbauquoten lediglich weniger als ein halbes Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland mit Pflanzenöl gedeckt werden könnte, ist die moegliche Einsparung von CO2 nur sehr gering.
Betrachtet man weitere Kriterien, wie Ressourcen- und Flaechenverbrauch sowie den Schadstoffausstossund seine Auswirkungen (z.B. Ozonabbau und Versauerung durch hohe NO2- bzw. NOx-Emissionen), ergeben sich insgesamt keine weiteren Umweltvorteile für Rapsöl gegenueber Dieselkraftstoff.
Besonders der hohe Flaechenverbrauch und intensiver Einsatz von Duenge- und Pflanzenschutzmitteln beim Rapsanbau schlagen hier negativ zu Buche.
Ein volkswirtschaftlicher Nutzen lässt sich laut UBA ebenfalls nicht erzielen. Durch die Nutzung von Rapsöl werden in der Landwirtschaft weder zusaetzliche Arbeitsplaetze geschaffen noch bestehende erhalten. Die zusaetzlich erwirtschafteten Deckungsbeitraege sind zu gering, um die mit dem Rapsanbau verbundenen Arbeitskosten langfristig zu decken. Auch die Verringerung des Kohlendioxidausstosses durch Pflanzenöl rechtfertigt Subventionen nicht, da zur CO2-Minderung wesentlich kostenguenstigere Alternativen vorhanden sind.
Basierend auf dem UBA-Gutachten ist somit festzustellen, dass Rapsöl/RME gegenueber Dieselkraftstoff aus gesamtoekologischer als auch oekonomischer Sicht keine wesentlichen Vorteile bietet, zumal kostenguenstigere technische Alternativen zur Verminderung der Emissionen und des Ressourcenverbrauchs zur Verfuegung stehen.
Zu befuerworten ist der Einsatz von Pflanzenöl/RME als Treibstoff jedoch dort, wo besondere Anforderungen an den Gewaesserschutz gelten, etwa in der Binnenschifffahrt, weil die gute biologische Abbaubarkeit des Rapsoels die Verschmutzungsgefahr verringert.

Pflanzenöl-Tankstellen

Grundsaetzlich kann man nach der Umrüstung alle Pflanzenoelsorten tanken. Die für unsere Breiten gaengigsten und billigsten Pflanzenöle sind Sonnenblumen- und Rapsöl. Wichtig ist jedoch, dass dieoele bestimmte Standards mit Blick auf Sauberkeit und Fliessfaehigkeit erfüllen. So muss z.B. der Pflanzenöl- Kraftstoff (Rapsöl) für ein von der Firma Elsbett umgerüestetes Fahrzeug die Werte des Weihenstephan 05/2000 Qualitätsstandard für Rapsöl Kraftstoff (RK-Qualitätsstandard) einhalten.
Das Netz an oeffentlichen Tankstellen, die Pflanzenöl anbieten, ist sehr duenn im Vergleich zu dem für konventionellen Kraftstoff. Aktuelle Informationen über Pflanzenöl-Tankstellen finden sich hier Findet man keine Tankstelle mit Pflanzenöl, hat man die Möglichkeit, das Fahrzeug mit Diesel oder Biodiesel zu betanken (auch in Mischung mit Pflanzenöl).
Da Pflanzenöle ungiftig, nicht entflammbar, nicht explosiv und nicht wassergefaehrdend (Wassergefährdungsklasse WGK 0) sind, besteht auch die Möglichkeit, sich ohne gesetzliche Auflagen eine eigene kleine Tankstelle zu Hause einzurichten. Kunststofftanks (meist 1000 l) werden u.a. von den Umrüstfirmen angeboten, über die teilweise auch das Pflanzenöl direkt bezogen bzw. vermittelt werden kann.

Fazit

Aus technischer Sicht ist festzustellen, dass die Verwendung von Pflanzenöl in Dieselmotoren und die damit verbundenen Umbauten bis dato von keinem Fahrzeughersteller freigegeben wurden. Die erforderlichen technischen Umbauten sind je nach Fahrzeugtyp mit erheblichen Kosten verbunden.
Insbesondere wenn ein Zwei-Tank-System (wie bei Pumpe-Düse- und Common-Rail-Dieselmotoren) erforderlich ist. Sind Fahrzeuge mit Einspritzpumpen bestimmten Hersteller ausgerüstet, ist laut Information der Firma Elsbett grundsaetzlich keine Umrüstung möglich.
Basierend auf dem UBA-Gutachten ist festzustellen, dass Rapsöl gegenueber Dieselkraftstoff aus gesamtoekologischer und oekonomischer Sicht keine wesentlichen Vorteile bietet, zumal kostenguenstigere technische Alternativen zur Verminderung der Emissionen und des Ressourcenverbrauchs zur Verfuegung stehen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass es derzeit in Deutschland nur wenige Tankstellen gibt die z.B. Rapsöl anbieten. Eine flaechendeckende Versorgung ist somit nicht gewaehrleistet. Die Betankung der Fahrzeuge mit Speiseoel aus dem Supermarkt wird dabei nicht berücksichtigt, da diese auf Grund der grossen Mengen, die benoetigt werden, als nicht sinnvoll und zweckgemaess anzusehen ist.
Zu befuerworten ist der Einsatz von Pflanzenöl als Treibstoff daher nur dort, wo besondere Anforderungen an den Gewaesserschutz gelten, etwa in der Binnenschifffahrt. Eine Alternative für den Dieselkraftstoff im normalen Strassenverkehr stellt Rapsöl aus oben genannten Gruenden nicht dar.

Quelle: Adac     

 

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