Auto Technik Lexikon - Technik und Treibstoffe
Partikelfilter
Ein Partikelfilter ist eine Einrichtung zur Reduzierung der im Abgas von Dieselmotoren vorhandenen Partikeln. Dabei gibt es zwei Funktionsweisen, die sich grundsaetzlich unterscheiden: Wandstromfilter, bei denen das Abgas im Filter eine poroese Wand durchdringt und Durchflussfilter, bei denen das Abgas den Filter durchfliesst.
Wandstromfilter
Bei einem Wandstromfilter (auch Geschlossenes System genannt) wird das mit den Russpartikeln versetzte Abgas bei der Durchdringung einer poroesen Filterwand gefiltert. Die Partikel bleiben dabei bei Oberflaechenfiltern hauptsaechlich an der Oberflaeche der Filterwand haengen, oder verbleiben mittels Tiefenfiltration im inneren der Filterwand. In beiden Faellen muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Partikel nicht durch einen Siebeffekt haengen bleiben (die Partikel sind groesser als die Loecher durch die das Abgas strömt), sondern werden hauptsaechlich durch Adhaesion an der poroesen Wand festgehalten. Beim Oberflaechenfilter findet die Ablagerung der Partikel mehr oder weniger direkt am Anfang der Wand statt und bildet dadurch eine Partikelschicht. Bei der Tiefenfiltration findet die Ablagerung erst allmaehlich im Laufe der Filterwand statt.
Die Filterwaende selbst können aus unterschiedlichen poroesen Werkstoffen bestehen, die meist aus Fasern oder Pulver aufgebaut sind. Die Fasern oder das Pulver selbst bestehen dann aus Keramiken oder aus Metallen. Klassische Keramiken sind Cordierit, Siliziumcarbid (SiC) und Aluminiumoxid. Bei Metallen verwendet man hauptsaechlich hochfeste Chrom-Nickel-Staehle. In letzter Zeit sind sogar Kombinationen von unterschiedlichen Werkstoffen aufgetreten.
Die poroesen Waende können im Filter auf unterschiedliche Art angeordnet sein. Bei Fasern und Metallpulver werden eher flaechige Filterwaende aufgebaut, die dann in Rohren, Taschen oder Baelge angeordnet werden. Bei aus Keramikpulver hergestellten Filtern wird eine Kanalstruktur verwendet, wobei die Kanaele wechselseitig verschlossen sind. Das Abgas wird dadurch gezwungen, die poroese Keramikwand zu durchstroemen.
Durch die Ablagerung der Partikel an der Oberflaeche bzw. im Inneren der Filterwand steigt die durch den Abgasvolumenstrom erzeugte Druckdifferenz an. Der Differenzdruckanstieg ist dabei eine Funktion der eingelagerten Partikel.
Um den Dieselmotor vor einem zu hohen Abgasgegendruck zu schuetzen, müssen in regelmaessigen Abstaenden bei zu hohem Differenzdruck die Partikel verbrannt werden. Dieser Vorgang wird als Regeneration bezeichnet. Die ueberwachung des Differenzdrucks und die Einleitung der Regeneration wird dabei durch ein Motorsteuergeraet durchgefuehrt.
Erhöhung der Abgastemperatur
Partikel bestehen hauptsaechlich aus unverbrannten Kohlenwasserstoffen. Um einen Filter regenerieren zu können, müssen sie im Filter verbrannt werden. Wie bei jeder chemischen Reaktion wird dafuer eine bestimmte Temperatur benötigt. Zur Erhöhung der Abgastemperatur gibt es verschiedene, auch kombinierbare Techniken, mit denen die Abgastemperatur auf die mindestens noetigen 500 °C erhöht werden kann:
Nacheinspritzung
Bei der Expansion wärend des Verbrennungstaktes wird Kraftstoff nachgespritzt. Dies geschieht, sobald der vor dem Dieselrusspartikelfilter (DPF) installierte Drucksensor einen ueberhoehten Abgasgegendruck an das Motorsteuergeraet meldet.
Oxidationskatalysator
Der OxiKat erhöht nochmal die Abgastemperatur, abhaengig von der Groesse der katalytischen Beschichtung. Ein vergroesserter OxiKat kann somit zu einer weiteren Erhöhung der Abgastemperatur führen. Da häufig versucht wird, Oxikat und Filter aus Platzgruenden zu kombinieren, ist diese Möglichkeit nicht immer oder nur eingeschraenkt umsetzbar.
Heizspirale
Auch durch den Einsatz einer Heizspirale, die vor dem Filter installiert wird, kann das Abgas ausreichend erhitzt werden.
Additivunterstuetzte Regeneration
Mit Hilfe eines Kraftstoff-Zusatzes (Additiv), einem speziellen Eisenoxid, wird die notwendige Temperatur zur Verbrennung der Partikel im DPF herabgesetzt.
Bei dem meisten Systemen wird das Additiv beim Tankvorgang automatisch dem Dieselkraftstoff in einem definierten Verhältnis beigemischt. Eine deutlich sicherere Methode ist der Einbau einer speziellen Dosiereinlage, die das Mischungsverhaeltnis auf den jeweils aktuellen Abgasdruck vor dem DPF abstimmt. Dadurch wird immer nur die Menge Additiv dem Diesel zugemischt, die für eine ausreichende Regeneration noetig ist. Die Ascheproduktion wird weiter reduziert und die Wartungsintervalle werden nochmal deutlich verlaengert. Diese Technik ist bisher nur für Land- und Baumaschinen, Gabelstapler und fest installierte Aggregate erhältlich, deutlich teurer und benötigt etwas mehr Platz.
Das Additiv muss in grossen Abstaenden im Rahmen der Wartung aufgefuellt werden. Die Verbrennung der Partikel erfolgt nicht rueckstandsfrei. Das Motoröl und insbesondere das Additiv selbst führen nach hoher Laufleistung zu einer Ascheablagerung im DPF, die durch Spuelen des Dieselpartikelfilter entfernt werden muss.
Allen Wandstromfiltern gemein ist eine langzeitstabile sehr hohe Abscheiderate (>95 %) für Partikel aller Groessenklassen und eine nur geringe Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs. Diese Erhöhung kann durch die Regeneration bedingt sein (Nacheinspritzung, erhöhte Temperatur beim Verbrennungstakt im Motor und damit schlechterer Wirkungsgrad, etc.) und durch den vom DPF verursachten höheren Abgasgegendruck. In der Praxis ist dieser Effekt aber kaum nachvollziehbar.
Die Regeneration findet abhaengig von Fahrprofil und Motorkennlinie im Zyklus von mehreren hundert Kilometern statt. Unter guenstigen Umstaenden (Autobahnbetrieb) wird die kuenstlich eingeleitete Regeneration erst nach deutlich höheren Laufleistungen notwendig oder sogar garnicht (abhaengig von der Technik). Von einer Regeneration merkt der Fahrer nichts, die Motorleistung wird davon nicht beeintraechtigt.
Durchflussfilter
Mehrere Hersteller (Emitec, HJS, Remus oder Twin- Tec) bieten mittlerweile Durchflussfilter (auch Offenes System genannt) zur Nachruestung an. Typischerweise besteht ein Durchflussfilter aus duennen Stahlfolien mit gezielter Stroemungsleittechnik, in denen die Partikel vom Abgas getrennt und zur Anlagerung auf die innere Oberflaeche des Filters gebracht werden. Bei genuegend hohen Temperaturen und NO<subscript>2</subscript>-Konzentrationen werden die dort angelagerten Partikel nach dem sogenannten CRT Prinzip kontinuierlich regeneriert (CRT: Continuous Regeneration Trap = Kontinuierlich regenerierende (Partikel-) Falle).
Da das Abgas in einem Durchflussfilter keine feinporoese Wand durchdringen muss, ist der Filtrationswirkungsgrad insbesondere für die kleinste (aber bei modernen Dieselmotoren im Normalbetrieb haeufigste) Partikelfraktion mit einem Durchmesser unter 100 nm geringer als bei einem Wandstromfilter. Gegenüber diesem vorteilhaft wirkt sich jedoch die nur geringe Erhöhung des Abgasgegendrucks aus, was dazu führt, dass der Kraftstoffverbrauch nicht oder nur wenig erhöht wird. Entgegen einem mit Wandstromfilter ausgestattetem Fahrzeug, hat der Durchflussfilter auch allgemein einen deutlich geringeren Filterungseffekt. Die Senkung der Partikelmasse beträgt nur 30 % bis 40 %.
Bei einer Nachruestung mit Durchflussfiltern sind wegen ihrer kontinuierlichen Regeneration neben dem Einbau des Abgasnachbehandlungssystems keine weiteren Änderungen am Fahrzeug notwendig. Die Nachruestung ist somit im Verhältnis zum Wandstromfilter deutlich kostenguenstiger.
Nachruestung
Prinzipiell kann jedes Abgassystem von Dieselmotoren mit DPF ausgestattet werden. Für Schweizer Baumaschinen ist schon seit Jahren der Wandstromfilter vorgeschrieben. aehnlich verhält es sich in Deutschland für Gabelstapler, die im Innenbereich bewegt werden. Hier hat die Berufsgenossenschaft den Einbau vorgegeben.
Pkw
Momentan zur Nachruestung angeboten werden von verschiedenen Herstellern Durchflussfilter. Diese sind allerdings nicht für jedes gebrauchte Fahrzeug als Nachruestkit zu erhalten. Durchflussfilter sind deutlich günstiger als Wandstromfilter, haben aber einen deutlich geringeren Wirkungsgrad. Eine eventuelle steuerliche Foerderung wird wahrscheinlich für die Nachruestung mit Durchflussfilter deutlich geringer ausfallen als für Wandstromfilter.
Wandstromfilter wurden bereits von HJS als Nachruestkit zur Serienreife entwickelt. Auf dem Markt sind sie aber bis jetzt noch nicht erhältlich. Derartige Filter in bisher nachgeruesteten Fahrzeugen, wie z. B. den Fahrzeugen von Greenpeace Deutschland, sind Sonderanfertigungen und somit sehr teuer.
Steuervorteile
Steuerliche Beguenstigungen sind in Deutschland seit laengerem im Gespraech. Es gab einen Vorschlag an den Bundesrat, der 250 E Beguenstigungen auf die KFZ-Steuer für Offene Filtersysteme und 350 E für Geschlossene Systeme bei der Nachruestung vorsah. Für Neufahrzeuge mit eingebautem Filter sollte es eine Begünstigung von 350 E geben. Dieser letzte Vorschlag von Rot-Gruen wurde im Bundesrat abgelehnt. Es gab und gibt einen Streit, der sich im Kern um die Foederalismusdebatte drehte, da die KFZ-Steuern durch die einzelnen Bundeslaender geregelt werden. Bis ein einheitliche Lösung bundesweit geschaffen wird, mit der die Laender zufrieden sind, dauert es wohl noch bis Mitte 2006, sofern der Druck über die Feinstaubdebatte nicht allzusehr nachlaesst.
Es ist anzunehmen, dass die Begünstigung auf die KFZ-Steuer dann nochmal deutlich höher ausfallen wird (Vielleicht um die 600 E). Ein geschlossenes System mit mind. 95 % Russminderung wird letztendlich steuerlich in jedem Fall besser wegkommen als ein offenes.
Wichtig: Rueckwirkend auf jetzt schon nachgeruestete Filter, wird die Foerderung wohl nicht gelten!
Aber:
Wer sich jetzt ein Dieselfahrzeug ohne Filter zulegt, hat damit schon beim Kauf etw. 1000 E Wertverlust. Das merken zur Zeit vor allem Gebrauchtwagenhaendler. Das heisst: spaetestens beim Verkauf lohnt es sich in jedem Fall einen Filter eingebaut zu haben, steuerliche Foerderung hin oder her. Speziell der Einbau eines Geschlossenen Systems wirkt sich sicher nochmal besonders positiv auf den Wiederverkaufswert aus, da hier eindeutig bessere Feinstaubreduktionen verzeichnet werden und eine abzusehende steuerliche Erleichterung für den Kaeufer günstiger ausfallen wuerde.
Geschichte
Mercedes-Benz hat bereits 1985 ein Fahrzeug (300 SDL) mit Dieselpartikelfilter auf den Markt gebracht. Dieses ausschliesslich für den amerikanischen Markt bestimmte Modell hatte jedoch ernsthafte Probleme mit der Dauerhaltbarkeit des DPF. Deshalb wurde die Produktion schon 1988 eingestellt.
Europäische Abgasnormen
Zur Reduzierung der Russpartikel aus Dieselmotoren aus Personenkraftwagen hat die Europäische Union (EU) seit 1993 die Grenzwerte für Partikel mit ihren Abgasnormen verschaerft:
• Euro-1 (1993): 140 mg Partikel/km
• Euro-2 (1997): 100 mg Partikel/km
• Euro-3 (2001): 50 mg Partikel/km
• Euro-4 (2005): 25 mg Partikel/km
• Euro-5 (2010?): 5 mg Partikel/km (Entwurf der EU Komission)
Die EU Kommission hat im Juli 2005 einen Entwurf für die Grenzwerte der Euro-5 veroeffentlicht. Neben einer Reduzierung der Partikelemissionen um 80 % (im Vergleich zur Euro-4) wird eine Reduzierung der Stickoxide um 20 % auf 200 mg/km vorgeschlagen. Der Grenzwert für Partikel ist nur mit einem Wandstromfilter darstellbar. Interessant ist noch, dass der Partikelgrenzwert von 5 mg/km ab der Euro-5 auch für direkt einspritzende Ottomotoren gueltig sein soll. Dies könnte dazu führen, dass solche Fahrzeuge ebenso mit einem Partikelfilter ausgestattet werden muessten. Die Direkteinspritzung für Ottomotoren ist allerdings erst seit kurzem auf dem Markt, für aeltere gebrauchte Benziner ist dieses Problem somit nicht vorhanden.
Die zunaechst erwartete Gueltigkeit ab 2010 wird eventuell auf 2008 vorverlegt.
Kraftfahrzeuge mit Partikelfilter ab Werk
Derzeit ist der Markt für Fahrzeuge, die ab Werk mit einem Partikelfilter ausgerüstet werden können, im Umbruch. Viele Hersteller bieten das Geschlossene Filtersystem (Wandstromfilter) inzwischen kostenlos für ihre Modelle an. Der ADAC empfiehlt, ein Diesel- Fahrzeug nach Möglichkeit mit Partikelfilter zu erwerben, auch wenn man dadurch u. U. eine laengere Lieferzeit im Kauf nehmen muss. Neben dem Umweltschutz werden Fahrzeuge mit DPF einen deutlich geringeren Wertverlust erleiden.
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