<< Letze Seite Inhltsverzeichnis Nächste Seite >>
Warum sind Biokraftstoffe wichtig?
Woran müssen
sich Biokraftstoffe
messen lassen?
Wesentliche Kriterien bei der Bewertung
von Biokraftstoffen sind:
Umwelt- und Energiebilanz: Bei der Umweltbilanz ist insbesondere die
Reduzierung von CO2-Emissionen von Belang.
Aber auch die Auswirkungen auf Wasser,
Luft und Boden z. B. hinsichtlich Versauerung,
Eutrophierung, Photosmog oder
Ozonabbau sind von Bedeutung. Ferner ist
das Verhältnis von eingesetzter und gewonnener
Energie massgebend.
Potenzial: Die Rohstoffbasis muss ausreichend gross sein, damit der Kraftstoff einen spuerbaren
Beitrag zur Deckung des nationalen Kraftstoffbedarfs
liefern kann. 2004 wurden in
Deutschland 25,04 Mio. t Ottokraftstoff und
28,92 Mio. t Dieselkraftstoff verbraucht. Der
Mineralölwirtschaftsverband (MWV) prognostiziert
für das Jahr 2010 einen Verbrauch
von 22,9 Mio. t Ottokraftstoff und 30,8 Mio. t
Dieselkraftstoff. An diesen Verbrauchszahlen
muss das Potenzial des jeweiligen
Kraftstoffs gemessen werden.
Fahrzeugflotte: Die deutsche Fahrzeugflotte wird heute
sehr weitgehend von Otto- und Dieselmotoren
dominiert, andere Antriebstypen
(Pflanzenoelmotoren, Erdgasmotoren) sind
derzeit Nischenanwendungen. Da die
Halbwertzeit der deutschen Fahrzeugflotte
unter heutigen Rahmenbedingungen bei
ca. 10 Jahren liegt, d. h. nach 10 Jahren ist
noch die Haelfte der Fahrzeuge in Betrieb,
wird die heutige Fahrzeugflotte den
Kraftstoffmarkt bis weit in die nächste Dekade bestimmen. Biokraftstoffe, die mit
den heutigen Motoren kompatibel sind,
haben unter diesem Gesichtspunkt einen
Vorteil.
Versorgungsstruktur: Die bestehende Kraftstoffversorgung ist auf
flüssige Kraftstoffe, insbesondere Erdoelprodukte,
ausgerichtet. Der Einsatz von gasfoermigen
Kraftstoffen, von Ethanol in Beimischungen
von mehr als 5 % oder von
Wasserstoff erfordert Änderungen in der
Versorgungsstruktur, insbesondere die
Umrüstung des bestehenden Tankstellennetzes.
Wirtschaftlichkeit: Neben den Kosten der Fahrzeugentwicklung
sowie für den Aufbau neuer Versorgungsstrukturen
für den Kraftstoff sind
insbesondere die Produktionskosten des
Kraftstoffes massgeblich für die Wirtschaftlichkeit
einer Kraftstofflinie.
Welche Biokraftstoffe
sind besonders
aussichtsreich?
Unter Beruecksichtigung der vorgenannten
Kriterien und heutigen Rahmenbedingungen
sind folgende Biokraftstoffe von
besonderer Bedeutung:
Biodiesel – heute schon
an der Tankstelle
Biodiesel ist bereits ein breit markteingefuehrter
Biokraftstoff in Deutschland.
Die Produktionskapazitaet liegt derzeit bei
ca. 1,1 Mio. t/a, weitere Anlagen mit einer
Kapazitaet von 0,6 Mio. t/a sind im Bau oder
in konkreter Planung.
Biodiesel kann seit dem 1. Januar 2004 herkoemmlichem
Diesel steuerbefreit beigemischt
werden. Der Absatz von Biodiesel
erfolgt derzeit zu ca. 40 % als Reinkraftstoff
in Fahrzeugflotten (vorwiegend LKW´s),
30 % werden als Reinkraftstoff von PKW
genutzt und weitere 30 % werden als maximal
5 %ige Beimischung zu Dieselkraftstoff
zugesetzt.
Rohstoff für die Biodieselproduktion in
Deutschland ist Raps. Mit den vorhandenen
und den geplanten Produktionskapazitaeten
wird das aus Fruchtfolge- und Umweltschutzgruenden
begrenzte Rapsanbaupotenzial
von 1,5 Mio. ha/a in Deutschland
nahezu ausgeschoepft. Aus heimischer
Produktion koennten damit 3,8 % des deutschen
Kraftstoffbedarfs gedeckt werden. An der bisher technisch begrenzten Nutzung
von reinem Biodiesel in weiterentwickelten
Motoren, die die verschaerften
Abgasgrenzwerte der EURO IV- und EURO VRichtwerte
einhalten, wird zur Zeit in der
Automobilindustrie gearbeitet.
Bioethanol – auch in
Deutschland auf dem
Vormarsch
In Deutschland kommen für die Produktion
von Ethanol zunaechst Getreide (Weizen,
Roggen) oder Zuckerrueben in Frage. Drei
Treibstoffethanolanlagen auf Basis von
Getreide nehmen den Betrieb in 2005 auf.
Bei vollem Betrieb werden die drei Anlagen
rund 500 000 t Ethanol erzeugen.
Bioethanol kann in vielfaeltiger Form als
Kraftstoff eingesetzt werden:
Nach den heutigen Normen können dem
Ottokraftstoff bis zu 5 Vol.-% Ethanol zugesetzt
werden. Erste mittelstaendische
Unternehmen der Mineralölindustrie
haben mit entsprechenden Beimischungen
begonnen. Aufgrund technischer
Anforderungen (Dampfdruckproblem) ist
jedoch zu erwarten, dass eine Beimischung
zunaechst auf begrenzte Mengen
beschraenkt bleibt.
Dem Ottokraftstoff können daneben bis
zu 15 Vol.-% ETBE beigemischt werden.
ETBE ist ein Ether, der aus einem Anteil
von 47 % Ethanol und 53 % fossilem Isobuten
erzeugt wird. Es ist zu erwarten,
dass ETBE zunaechst zur Substitution des
fossilen MTBE als Oktanzahlverbesserer
im Ottokraftstoff eingesetzt wird. Derzeit
werden in Deutschland entsprechende
MTBE-Produktionsanlagen auf die ETBEProduktion
umgerüstet. Bei dieser Substitution
können allerdings nur ca. 1,5 %
des Ottokraftstoffs ersetzt werden (entspricht
ca. 240.000 t Ethanol).
Ethanolbeimischungen von mehr als 5 %
erfordern angepasste Motoren, die die
Mischungen mit bis zu 85 Vol.-% Ethanol
(E85) nutzen können (so genannte „Flexible Fuel Vehicles“ (FFV)) oder im
Falle reinen Ethanols einen speziellen
Ethanolmotor. FFV-Fahrzeuge werden in
den USA, Brasilien und Schweden eingesetzt.
Die Technologie wurde massgeblich
von deutschen Unternehmen (Bosch)
entwickelt. Deutsche Automobilunternehmen
bieten FFV-Fahrzeuge in Brasilien
und den USA an. Für E85 bedarf es
einer eigenen Tankstelleninfrastruktur.
Die Nachfrage nach Bioethanol für den
europaeischen Kraftstoffmarkt kann sowohl
durch eine Produktion auf heimischer Rohstoffbasis
als auch durch Drittlandsimporte
gedeckt werden. Um angesichts erwartbarer
verbesserter Marktzugangsmoeglichkeiten
für Bioethanol aus Drittstaaten (z. B. Doha-
Runde, MERCOSUR) zukuenftig Absatzmoeglichkeiten
für auf heimischer Rohstoffbasis erzeugtes Bioethanol zu schaffen, muss die
Wirtschaftlichkeit der Bioethanolerzeugung
in der EU deutlich gesteigert werden.
Pro Liter Ethanol können gegenüber fossilen
Kraftstoffen 0,8 bis 1,5 kg CO2 eingespart
werden.
Das energetische Input-/Outputverhaeltnis
liegt bei modernen Anlagen je nach Rohstoff
und Nebenproduktverwertung zwischen
1:1,4 und 1:3,1. Eine aktuelle vom BMVEL
gefoerderte Studie zeigt, dass sich der Energiegewinn
noch erheblich steigern lässt.
Um das EU-Mengenziel 2010 mit 5,75 % Anteil
alternativer Kraftstoffe zu erreichen,
waeren, bezogen auf Ottokraftstoff 2,1 Mio. t
Ethanol, dies entspraeche ca. 1 Mio. ha Weizen
oder 400.000 ha Zuckerruebenanbauflaeche,
notwendig.
Synthetische Biokraftstoffe – vielversprechende
Option für die
Zukunft
Die Herstellung synthetischer Kraftstoffe – auch als Biomass to liquid (BTL)
Kraftstoffe bezeichnet – ist heute noch nicht
marktreif. Bisher existiert eine Pilotanlage
der Firma Choren im Technikumsmassstab
in Freiberg/Sachsen. Eine Anlage, die 15.000 t
Kraftstoff p. a. produzieren soll, ist im Bau.
Technische, oekonomische und ökologische
Fragestellungen zur BTL-Erzeugung sind
noch zu beantworten, bevor eine industrielle
Produktion erfolgen kann. Genaue Aussagen
zu Energie- und oekobilanzen stehen
noch aus. Erste Ergebnisse zeigen aber, dass
die CO2-Minderung durch BTL-Kraftstoffe
mindestens in der Gröoessenordnung wie bei
Biodiesel liegt. Als Zielwert für die Herstellungskosten
werden 50 ct/l angegeben.
Es ist nicht zu erwarten, dass BTL-Kraftstoffe
bereits 2010 einen nennenswerten Beitrag
zur Erreichung der EU-Mengenziele leisten
können. Sie können jedoch im Laufe der
zweiten Dekade groessere Marktbedeutung
erlangen. Das sich abzeichnende Potenzial
von BTL-Kraftstoffen ist deutlich höher als
das von Biodiesel oder von Ethanol auf Basis
von Getreide oder Zucker. Die BTL-Produktion
kann auf Basis jeder festen Biomasse
erfolgen, ein Umstand, der insbesondere
dem Anbau von Energiepflanzen entgegenkommt.
Bei der Ganzpflanzennutzung sind
deutlich höhere Ertraege pro Hektar möglich
als beispielsweise bei der Rapsproduktion.
Unter technisch guenstigen Voraussetzungen
koennten auf jaehrlich 2 Mio. ha ca. 25 % des
heutigen Verbrauchs an Dieselkraftstoff
erzeugt werden.
Auch reines Pflanzenöl wird insbesondere
in der Landwirtschaft als Kraftstoff eingesetzt.
Es wird dezentral in oelmuehlen gewonnen
und vorwiegend regional vermarktet
(Siehe Glossar).
<< Letze Seite Inhltsverzeichnis Nächste Seite >>
|