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Navigationslexikon Inhaltsverzeichnis

Navigation

Navigation ist die "Steuermannskunst" zu Meer (Nautik), zu Land und in der Luft. Allgemeiner bezeichnet sie das sich Zurechtfinden in einem geografischen Raum, um einen bestimmten Ort zu erreichen. Die Taetigkeit des Navigierens (von lat. navigare; sanskrit navgathi) besteht aus drei Teilbereichen:

  • Bestimmen der geografischen Position durch Ortung nach verschiedensten Methoden,
  • Berechnen des Weges zum Ziel und
  • Fuehrung des Fahrzeugs zu diesem Ziel, also vor allem das Halten des optimalen Kurses.

Navigation ist auch die Technik und Wissenschaft, die sich über die Ortung hinaus mit Verfahren zur Bestimmung und Optimierung der Fluglage und Flughoehe, der Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung (Kurs, Route) und deren Änderungen beschaeftigt.

Im World Wide Web bedeutet Navigation das virtuelle Steuern durch den so genannten Hypertext, also durch die verzweigten Wege und untereinander verknuepften Themen (analog zum Navigieren mit einem Kraftfahrzeug in einer unbekannten Ortschaft).

Geschichte

Die Kunst der Navigation wurde vor etwa 6000 Jahren zuerst in Indien auf dem Sindh und wahrscheinlich zeitnah auch in aegypten und Libanon entwickelt. Diese Verfahren der Koppel- und teilweise Astronavigation wurden ursprünglich für die Seefahrt eingesetzt, ab etwa dem 1. Jahrtausend v. Chr. aber auch für Expeditionen zu Lande. In diesem Zeitraum befuhren die Phoenizier als erste das offene Meer (im oestlichen Atlantik und bei der Umrundung von Suedafrika). über Lotungen berichten Herodot (500 v. Chr.) und die Bibel, z. B. in Lukas' Apostelgeschichte (27,28-30).

Die einfache Koppelnavigation mit dem Absetzen des Kurses sowie der Schaetzung von Abdrift und Geschwindigkeit wurde etwa zur Zeitenwende um erste Messmethoden erweitert. Wo der Kompass erfunden wurde, ist immer noch umstritten; erstmals soll er in China im 11. Jahrhundert erwaehnt worden sein, in Europa im 12. Jahrhundert. Die Kuestenschifffahrt erfolgte aber weiterhin durch Sichtnavigation. Ab etwa dem 7. Jahrhundert ergaenzten die Wikinger die Methodik durch Beobachtung von Voegeln, Wind und Stroemungen und kamen um 980 bis 999 nach Groenland und Nordamerika. Die Araber perfektionierten astronomische Messgeraete und Rechenmethoden und stellten auch Seekarten her (Piri Reis).

Spaetestens im 4. Jahrhundert v. Chr. hatte jede Region im Mittelmeer ihr Seehandbuch. Solche sind aber zwischen Roemerreich und dem Compasso di Navigare (1296) nicht ueberliefert. Das aelteste mittelniederdeutsche "Seebuch" (um 1490) beruht auf Quellen aus dem 13. bis 14. Jahrhundert und beschreibt Meerestiefen, Haefen und Gezeiten, im juengeren Teil auch Kurse zwischen verschiedenen Punkten. Etwa ab dem Ende des 13. Jahrhunderts tauchen die ersten Seekarten auf, Portolane bzw. Portolankarten, die das Mittelmeer in verblueffender Genauigkeit wiedergeben. In Portugal wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts die astronomische Navigation nach Sonne und Polarstern entwickelt. Als Messinstrumente dienten dabei Astrolab und Jakobsstab.

Ab 1500 entstanden zahlreiche Weltkarten, es wurden Loggen und Quadrant eingesetzt und die Merkator-Projektion erfunden. Eine Loesung des Laengenproblems gab es jedoch erst im achtzehnten Jahrhundert mittels der Methode der Messung von Monddistanzen sowie durch die Konstruktion genau gehender Uhren, u. a. der vier Chronometer (1735-1759) von John Harrison, zusammen mit dem 1731-1740 dreimal erfundenen Spiegelsextanten. Als der Bostoner Kapitaen Thomas Sumner 1837 die astronomische Standlinienmethode gefunden hatte, fehlten, um die heute bekannten Navigationsprinzipien zu komplettieren, nur noch die Funknavigation (ab 1899) und die Traegheitsnavigation (J.M. Boykow 1935, Siegfried Reisch 1941).

Heute werden Navigationssysteme (hauptsaechlich automatisierte Verfahren zur Positionsbestimmung) in den Bereichen Seefahrt, Luftfahrt, Straßenverkehr und Landvermessung (Geodaesie) angewandt.

Geschichte der Navigation, Karte (Kartographie), Geschichte des Kompass, Seekarte

  • Freiesleben, Hans Christian: Geschichte der Navigation. Wiesbaden 1978
  • Hilscher, G.: Flug ohne Sterne : Siegfried Reisch - Pionier der Traegheitsnavigation. Vaduz 1992
  • Sobel, Dava: Laengengrad. Berlin 1999
  • Hertel, Peter: Das Geheimnis der alten Seefahrer : aus der Geschichte der Navigation. Gotha 199
  • Koeberer, Wolfgang (Hrsg.): Das rechte Fundament der Seefahrt: Deutsche Beitraege zur Geschichte der Navigation. Berlin 1982
  • Gelcich, Eugen: Studien über die Entwicklungs-Geschichte der Schiffahrt mit besonderer Beruecksichtigung der nautischen Wissenschaft. Laibach 1882
  • Taylor, E.G.R.: The Haven Finding Art. A History of Navigation from Odysseus to Captain Cook. London 1956

Arten der Navigation

  • Die terrestrische Navigation beinhaltet die Positionsbestimmung in Kuestennaehe anhand von Landmarken (markanten Punkte an Land), Funkbaken und Seezeichen.
  • Die Sichtnavigation beruht auf dem Vergleich von Karte und Gelaende.
  • Die astronomische Navigation ortet die Position durch Beobachtung von Gestirnen (Sonne, Sterne oder Planeten).
  • Als Koppelnavigation wird die laufende Ortsbestimmung aus Kurs und Geschwindigkeit bezeichnet. Die so bestimmte Position wird auch als Koppelort bezeichnet. Durch Berechnung der Abdrift wird der Wind berücksichtigt; Dopplerradar und Inertialnavigation steigern die Genauigkeit.
  • Bei der Funknavigation werden Sendestationen benuetzt, die Funksignale zur Positionsbestimmung aussenden.
  • Die Traegheitsnavigation erlaubt autonome Navigation durch Verwendung von Beschleunigungsmessern und Kreiseln.
  • Bei der Satellitennavigation (siehe auch GPS und Galileo) werden Signale von Satelliten genutzt, aus deren Laufzeitunterschieden zum Standort eines Empfaengers dessen Position errechnet werden kann.
  • Die Integrierte Navigation oder Hybridnavigation vereinigt mehrere dieser Verfahren und gewichtet sie. Die optimal errechnete Position erlaubt Aussagen über deren Genauigkeit und Zuverlaessigkeit (Integritaet).

Siehe auch: Navigator, Nautik, Luftfahrt, Raumfahrt, Schifffahrt, Gissen, Koordinatensystem, Laengenproblem, GPS, Galileo, Vertigo, Broetchentuetennavigation, Kursbeschickung

Lokalisation eines Geraeusches

Beim natuerlichen Hoeren finden wir uns auch in einem Raum zurecht, wie ganz oben beim Wort "Navigation" erklärt wird, wobei wir die Richtungsbestimmung des einfallenden Schalls einer Schallquelle unrichtig mit "Ortung" bezeichnen. Wir orten aber nicht aktiv unter Aussenden von Wellen, wie bei der Echoortung der Funknavigation oder wie es die Fledermaeuse tun. Fuer die richtige Bestimmung der Schalleinfallsrichtung ist besser der Fachbegriff Lokalisation für das Richtungshoeren zu verwenden. Wir Menschen lokalisieren also beim Hoeren.

 

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